Im Jahr 1905 steht Norwegen kurz vor der Unabhängigkeit von
Schweden. Das Land wird vom schwedischen König Oscar regiert, doch die Bevölkerung
ist unzufrieden.
In dieser recht unruhigen Zeit macht sich die junge Gräfin
Karoline aus Schlesien auf in den Norden, um ihre Existenz zu retten. Ihre Ehe
mit Moritz ist kinderlos geblieben, somit würde sie bei seinem Tod mittellos da
stehen. Ihr Ehemann ist schwer erkrankt und es ist ungewiss, ob es für ihn eine
Heilung gibt. Ein kleiner Junge könnte die Wendung bringen, denn Moritz hatte
vor seiner Ehe mit Karoline eine kurze heftige Affäre mit einer jungen Frau,
die nicht ohne Folgen geblieben ist.
Sollte Karoline es schaffen, den mittlerweile knapp 10
jährigen Buben in Norwegen ausfindig zu machen, könnte dies ihrem tristen Leben
auf Schloss Katzbach eine Wendung geben.
Auguste Bethge sucht für ihre Reise eine Begleitung, die ihr
die Korrespondenz abnimmt und sie auch bei Ausflügen etc. begleitet.
Unter falschem Namen und als Angestellte der älteren Dame
geht Karoline auf die große Fahrt nach Norwegen. Die beiden Frauen verstehen
sich sofort und es wird eine angenehme Unternehmung.
Als Karoline schließlich den Jungen tatsächlich findet,
wendet sich das Schicksal und es kommt völlig anders, als die junge Gräfin sich ausgemalt hat.
Gleichzeitig wird die Geschichte der 18 jährigen Liv erzählt.
Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen und bekommt mit Glück eine Anstellung im
Haus vom Lehrer Treske. Sie soll den Haushalt führen und sich um den 9 jährigen
Elias kümmern. Schnell schließt sie Freundschaft mit dem Jungen. Doch das Leben
des kleinen Elias verläuft ganz anders, als es sich für den Sohn einer
angesehenen Familie gehört. Er wird streng erzogen, oft eingesperrt und ohne
Essen zu Bett geschickt. Liv kann dies auf Dauer nicht erdulden und eines Tages
flieht sie mit Elias in eine ungewisse Zukunft.
Der Stil im Buch ist harmonisch abgestimmt, die Kapitel sind
abwechselnd in Karoline und Liv eingeteilt, wodurch sich ein Spannungsbogen aufbaut,
dem man sich nicht entziehen kann.
Die Landschaft Norwegens wird bildschön beschrieben, man
fühlt sich sofort hinein versetzt und spürt die Natur. Es ist eine interessante
Geschichte über das Land, verworrene Familienfehden, Harmonie und Streit, Liebe
und Angst. Die Abenteuerlust von Karoline wächst spürbar von Seite zu Seite und
man mag sich ihr anschließend, wenn sie ein Schiff besteigt, um sie in die weite
Welt zu tragen.
Man spürt, wieviel Liebe Christine Kabus zu Norwegen
empfindet und das sie sich mit dem Land und der Sprache auseinander gesetzt
hat. Das sie auch als Drehbuchautorin unterwegs ist, lässt das Buch sehr
lebendig werden. Die Szenen und Landschaften machen es der Phantasie leicht,
sich hinein zu versetzen. Mir hat das Lesen große Freude bereitet.