Montag, 28. Juni 2021

Der europäische Pfeifenstrauch duftet nach Jasmin

 


Erben wollen sie alle von Tessa Henning

Der Roman "Erben wollen sie alle" von Tessa Henning ist im
Ullstein Verlag am 28.06.2021 erschienen.
Printausgabe 368 Seiten
Ebook 265 Seiten
ISBN: 9783548064239

Logisch, die Verwandtschaft fürchtet um ihr Erbe. Die rüstige 75 Jährige Bianca will um die Welt reisen mit ihrem jüngeren Freund.
Klar das ihre Kinder sofort an einen Heiratsschwindler denken.
Als Bianca ihr Haus auf Mallorca verkaufen will, reist die Familie an.
Dieses unsinnige Verhalten von Bianca muss gestoppt werden.
Doch Bianca lässt sich nicht so einfach von ihren Plänen abhalten. Da soll die Verwandtschaft erstmal was für tun.
Bianca hat da ein paar Ideen.

Was zunächst ganz nett und amüsant beginnt, wechselt um in eine zum Gähnen langweilige Geschichte.
Mit den Dialogen konnte ich wenig anfangen,
da war wenig der Funke drin. Er ist zumindest auf mich nicht übergesprungen.
Das amüsant wirkende Cover war der Auslöser dieses Buch zu lesen.
Leider habe ich mich nicht amüsiert, mir ist die Geschichte zu konfus. Die Charaktere fanden bei mir wenig Sympathie.
Zeitweise habe ich den Dialogen nicht mehr folgen können.
Die Thematik ist nicht verkehrt, was tun im Alter, bevor man gar nichts mehr kann.
Das Rentendasein kann sehr langweilig sein. Da will Bianca Abhilfe schaffen. Dies gelingt ihr recht gut, nur ging mir der Unterhaltungswert verloren.
Gespräche gibt es viele, Verständnis wenig, den Tiefsinn habe ich nicht gefunden.
Bianca kommt mir sehr agil und gewitzt vor, sie war mein Lichtblick. Immerhin hat diese Frau mir relativ gut gefallen. Bianca ist fit im Kopf, sehr munter und liebt das Leben. Damit hat sie bei mir Pluspunkte gewonnen.

Für manchen Leser ist das Buch sicher ein guter Griff. Tessa Henning Fans gibt es bestimmt ausreichend.
Ich bin kein Fan geworden der Autorin und werde kein weiteres Werk ausprobieren.

Sonntag, 27. Juni 2021

Herz des Winters von Madeleine Puljic

Narben beweisen, dass uns keiner kaputt bekommt

Das Buchcover macht schon etwas her, es strahlt Kampfgeist, Magie und Dunkelheit aus. Ein Totenkopf glimmt grün in der Hand der Kriegerin. Kein Wunder, denn das Buch ist aus einer Serie von greenlight Press.

Als erstes springt mir die Karte ins Auge. Ich finde immer gut, wenn wir ein fiktives Land und Städte haben, dass dann dem Leser eine Orientierung angeboten wird, wie die Orte grob zueinander liegen.

Das nächste Highlight ist Berekh. Berekh ist ein Totenschädel und er spricht. Er war einmal ein großer Magier, behauptet er. Scheinbar ist etwas schief gegangen und er hat nur den Totenkopf behalten können. Nunja, mehr braucht er ja nicht. Äußeres wird viel zu überbewertet. Er leuchtet nicht immer grün, sondern je nach Stimmung. Aus der Fassung gerät er nur, wenn das Bier alle ist.

Daena, die äußerst charmant ist, wenn sie nicht spricht, trägt ihn mehr oder weniger bereitwillig mit sich herum.

Das Buch hat rund 200 Seiten und ist für mich schnell gelesen. Jedes Kapitel hat einen Greifvogel als Verzierung der Kapitelüberschrift. Vermutlich ist dies der Wappengreif der Kämpferakademie. Er erinnert daran, dass über den Köpfen eine Gefahr schwebt, die nur gemeinsam gemeistert werden kann.

Berekh, der Schädel, ist etwas kauzig und plappert viel für einen Mann. Und er schnarcht. Wie kann das sein, ohne Schleimhäute und Stimmbänder? Naja, alles magisch. Solche Schädel tauchen übrigens in ähnlicherweise in den Lockwood Büchern von Jonathan Stroud auf. Dort ist der Schädel auch manchmal hilfreich, aber ebenso unheilbringend. Tja, jeder Schädel hat so seinen eigenen Kopf. Aber mit einer Nekromanin kann ein Schädel Hand und Fuß bekommen. Mir steht der Mund offen. Wäre mir ein Magier in menschlicher Gestalt lieber oder ein von mir stückweit abhängiger Schädel, den man ab und zu durchrütteln muss bis die Zähne aufeinander klappern? Er sagt selber von sich, dass der letzte Teil Menschlichkeit in ihm gestorben wäre als seine Familie ausgerottet wurde. Macht ihn dieser Hass auf Täter nicht menschlich? Nein nicht zwingend, denn die Menschen tun alles, um die Täter zu entschuldigen und die Opfer zu bestrafen. Ist Berekh auf dem Weg ein Todesengel à la Eschenbach zu werden?

Der Humor in dem Buch ist super. Spannung ist in der ersten Hälfte des Buches keine. Das Buch lebt ein wenig von den Charakteren und weniger durch den sich andeutenden Kampf mit einer besonderen Spezies. Einzig war ich gespannt, ob es noch etwas abenteuerlicher würde. Wie dem auch sei, für Unterhaltung ist bei jeder Szene gesorgt. Nach und nach erfährt der Leser, was Berekh und Daena so erlebt haben.

Der Magier, der Stinktiere auf seinen Gegner losließ, ist super. Also bei der Schlacht wäre ich gerne dabei gewesen. Hmm, was hätte ich gezaubert? Berekh steht doch auf Bier. Wenn ich das in Wein umgewandelt hätte, wäre bei ihm Hopfen und Malz verloren. Aber das sind jetzt alte Geschichten und offenbar hat es auch so geklappt.

Im weiteren Verlauf der Handlung werden viele Spezies und Gilden von dem ungleichen Team besucht. Daena versucht neue Gefährten einzuspannen - mit ihrer undiplomatischen, aber emotionalen unverblühmten Art. Ein gemeinsamer Feind verbrüdert ganz ohne Magie. Es geht um Team-Bildung trotz aller Gegensätze und Unterschiedlichkeiten.

Für mich etwas offen bleiben Motive der kultivierten Echsen, die nur gesunde Menschen essen. Das Buch heißt "Herz des Winters", aber einen eindeutigen Hinweis dazu, habe ich nicht herauslesen können.

Es ist eine liebevoll detailreich erzählte Geschichte von Madeleine Puljic, die für meinen Geschmack etwas zu sehr vorhersehbar ist und kaum Raffinesse bei den Handlungen der Protagonisten aufweist. Die Autorin muss durchaus noch etwas in der Serie in petto haben, damit die Bücher ein Erfolg werden. Das typische "Gut gegen Böse" Schema hat für mich aber nicht zu einer Abwertung bei der Sternevergabe geführt, denn aus der Nummer kommen die meisten Autoren nicht raus. Im Grunde fühlte ich mich bestens unterhalten und das was auf dem Tisch lag, war in sich rund.

Das Jahr, als die Bienen kamen von Petra Postert

Josy erbt von ihrem Großvater einen Bienenstock. Was soll sie damit? Bienen sind langweilig und völlig uninteressant.
Dann meldet sich Alma bei Josys Eltern. Sie soll mit den Bienen vertraut werden und nun einmal die Woche zu Alma kommen und von ihr lernen.
Dies geht ein paar Wochen so, dann steht der Bienenstock im Garten von Josy.
Die Mutter ist überhaupt nicht einverstanden, Bienen stechen und sind gefährlich. Sie betritt den Garten nicht mehr.
Josy lernt schnell und findet Gefallen an den Bienen.
Dann wird sie gestochen und plötzlich steht die Zukunft des Bienenstocks auf dem Spiel.

Eine wundervolle Geschichte über Bienen.
Was mir sehr gut gefallen hat, sind die Abschnitte aus Sicht der Bienen. Es wird beschrieben, wie sie leben und welche Aufgaben die Bienen haben. Dadurch wird einem erst bewusst, was für ein arbeitsintensives Leben so ein Insekt hat. Das kurze Leben von ein paar Wochen ist ausgefüllt den ganzen Tag.
Gleichzeitig erlebt man wie Josy eine Entwicklung durchmacht. Von Desinteresse zu einer begeisterten Imkerin.
Selbst jemand, der sich bisher nicht für Bienen interessiert hat, wird das Buch mögen. Es ist nicht für Kinder und Jugendliche ein schönes Buch, auch Erwachsene haben da sicher ihre Freude.
Es ist schön kurzweilig und schnell gelesen.


TULIPAN VERLAG
Kinder & Jugend
SEITENZAHL: 192
ERSTERSCHEINUNG: 21.08.2017
ISBN: 9783864293726
EMPFOHLENES ALTER: ab 10 Jahren
Ebook 138 Seiten

Stadt der Wölfe von Christian Linker

 Eine gute "was wäre wenn" Geschichte, die auch zum Nachdenken anregt.

Janek wacht morgens auf und ist sehr verwundert. Wo ist seine Familie?
Er ist allein zu Hause. Die Stadt ist leer, keine Autos fahren. Wilde Tiere streunen durch die Straßen.
In der Schule ist auch keiner zu finden. Janek schreibt einen Hilferuf an die Tafel.
Was sind das für Geräusche, was hört er? Schleicht da jemand hinter ihm her?
Janek beginnt sich zu fürchten und fragt sich verzweifelt, was als nächstes passiert.

Eine kurzweilige, aber sehr spannend geschriebene Geschichte. Für Kinder ab
10 Jahre sehr empfehlenswert.
Es ist ein kleines Abenteuer mit großer Wirkung. Die Seiten sind schnell gelesen, dadurch kommt die Lösung und das Ende recht schnell.
Der Schreibstil ist einfach und kommt ohne schwierige Wörter aus.
Mir hat es gefallen, wie Janek versucht mit der Situation umzugehen. Er verliert nicht den Kopf, er macht sich Gedanken und geht der mysteriösen Sache auf den Grund. So ganz allein ist er nicht.

dtv Verlagsgesellschaft
Kinder & Jugend
Ersterscheinung: 16.03.2015
ISBN: 9783423426831
empfohlenes Alter: ab 10 Jahre
Ebook 115 Seiten

Samstag, 26. Juni 2021

Überhitzt von Claudia Traidl-Hoffmann und Katja Trippel

In einem Buch, der beim Dudenverlag veröffentlicht wurde, finde ich bestimmt keine Rechtschreibfehler, dachte ich mir. Nunja, bei einer Zahl war die Tausendertrennung falsch gesetzt, aber im Grunde war es erwartungsgemäß sauber geschrieben. Das rote Buch fing mit einem lockeren Interview von Dr. Eckart von Hirschhausen mit den beiden Autorinnen an, die den Bereich Umweltmedizin und Journalistik abdecken. Ich stellte mir dabei vor, wie eine Umweltärztin agieren würde. Hält sie ihr Stethoskop gegen einen Bergrücken gedrückt und ruft einatmen und ausatmen? Weit gefehlt, die Umwelt ist weniger das Problem, es ist der Mensch. Im Vorwort erfährt der Leser ein wenig vom Hintergrund der Autoren und wie die beiden an all die Informationen und Fakten in dem Buch gekommen sind. Die Schokolade für Interviewpartner hat offenbar gewirkt. So kamen viele interessante Gespräche mit Experten zustande. Mit einem Dialog in ein Fachbuch einzusteigen, ist ja schon kreativ.

Was mir zudem gefällt, sind die Icons auf jeder Seite, die für ein Kapitel stehen. Damit habe ich gerade bei Rezensionen eine gute Orientierung, wo ich mich befinde, insbesondere dann, wenn ich das Buch über mehrere Tage lese oder als Nachschlagewerk nutze. Praktisch finde ich auch das Abbildungs-, Quellen- und Stichwortverzeichnis.

Eine vertretene These im Buch ist, dass es nur gesunde Menschen geben kann, wenn die Erde gesund sei.

Gedanken gemacht habe ich mir als der Fellverlust des Menschen angesprochen wurde, ob es wirklich eine gute Entwicklung war, als der Mensch vor 5 Mio Jahren das Fell verlor. Es würde uns heute vor Sonnenbrand und Mücken schützen. Kleidung wäre auch nicht notwendig. Doch beim Langlauf würde es zur Überhitzung führen. Also alles gut.

Hitze kann tödlich sein, führte das Buch weiter aus. Das ist sicherlich einigen Lesern nicht bewusst. Wie oft habe ich gehört, das warme Temperaturen angenehm wären und es immer ein bis zwei Grad wärmer sein könnte. Manche denken sogar, ich hab doch eine Klimaanlage. Das Buch liefert genau solchen Zeitgenossen Beobachtungen und Statistiken, die belegen, dass nicht das Klima ein Problem ist, sondern wir. Die Erde würde uns überleben, aber wir würden verhungern oder überhitzen. Bei 43 Grad Körpertemperatur denaturieren die Proteine, bei 26 Grad Körpertemperatur verlieren wir das Bewusstsein. Andauernde 1-2 Grad Veränderung der Außentemperatur fordert vom Körper Höchstleistung, um die Körpertemperatur konstant bei optimalen 37 Grad zu halten. Trinken ist wichtig, die Bewegungsintensität und das Alter spielen eine Rolle. Der Wohnort ist entscheidend, der Beruf und der Gesundheitszustand, wie wir die Hitze vertragen.

Mich fasziniert die Vielfalt an Aspekten, die hier Kapitel für Kapitel untergebracht sind. Der Schreibstil ist gut verständlich, eingängig und für wahr kein Fachchinesisch. Im Grunde sei Hitzeschutz auch keine Raketenwissenschaft. Mit einfachen und wenigen Mittel könnten wir für Verbesserungen sorgen. Auch bei der Politik ist das Thema offenbar platziert. Ich stelle dennoch fest, dass eine Waldfläche nach der anderen verschwindet. Und damit die dort lebenden Arten. Ein Thema was fehlt, ist der Gesundheitszustand der Wälder in Folge der fehlgeleiteten Forstwirtschaft, die den Wald Jahr für Jahr zugrunde "pflegt".

Im Buch wird auf aktuelle Projekte, Studien, Initiativen in Deutschland und Strafen eingegangen, Digitalisierung, Mobilität, Allergien, Immunisierung, Viren, Blaualgen, etc.. Das alles zusammengenommen hört sich doch nach ziemlich großer Biodiversität an. Ich hätte mir gewünscht, dass das Buch mehr hervorheben würde, dass es durchaus nicht schlecht wäre, mehr für den Menschen gefährliche Arten zu haben. Unbegrenztes Wachstum ist sicherlich schlimmer zu bewerten, als eine Pflanze, die Schnupfen verursacht. Jede Art, ob Zecke, Mücke oder Elefant im Porzellanladen haben ihre Berechtigung. Wir sollten nicht alles verteufeln und in permanenter Angst leben.

In den ersten Sätzen steht, das Problem ist der Mensch. Erst mit dem Kapitel "Klima, Kopf und Seele" bei Seite 214 wird der Mensch adressiert. In dem Buch finden sich eher korrektive Handlungsmaßnahmen für uns Leser und keine präventive Maßnahmen. Das liegt zum einen daran, dass die Klimawende schon in vollem Gang ist und zum anderen, dass die Maßnahmen banal wären. Müssen Autorinnen erklären, wie ich mich umweltgerecht und nachhaltig verhalte? Ich denke, es weiß jeder Mensch, doch diese zeigen auf Politik, Projekt, Programme... Das alles klingt mir zu sehr bequem und zu wenig vertrauenerweckend. Wir brauchen keine Worte, wir brauchen Taten. Oh, das steht auch so ähnlich und wenig überraschend gegen Ende im Buch. Die Haltung "Andere sollen mal was tun", ist schwach. Es sei wichtig, dass jeder so viel grün, wie nur möglich um sich schaffe. Ich ergänze gedanklich: "und überlegt Kreisläufe zu nutzen". Wir brauchen Natur, können uns einfügen und es gibt bereits viele nachhaltige Produkte, die um Längen besser sind, als deren künstliche Alternativen. Jetzt zurück zum Buch, welches übrigens klimaneutral produziert wurde und PEFC zertifiziert ist. Ganz großes Lob an die Autorinnen bzw. den Verlag dafür.

Bei der Zeckenimpfung hätte ich mir ein paar Zahlen gewünscht zur Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung versus Risiko der Wirkungsverstärker im Impfstoff z.B Aluminium.

In den Buch gibt es sogar ein paar Abbildungen zur besseren Erklärung des Buchinhalts. Interessant fand ich die Tabelle mit den Bäumen mit Allergierisiko-Klassifikation. Birke kenne ich ja, aber Eibe auch allergisch? Ich mag trotzdem meine Eibenhecke.

Um die 300 Seiten Informationsflow erwarten den Leser. Das Buch schließt quasi mit einem Interview ab genauso wie es begann. Diesmal mit Martin Herrmann. Ob er klug ist, weiß ich nicht, aber er ist von KLUG.

Eine schöne Idee quasi als Zugabe finde ich die Klimasprechstunde. Ich möchte jetzt nicht wissen, wieviele jetzt 112 anrufen, weil sie Symptome wie hochroter Kopf, Aggressivität, plötzliches Erbrechen nach einem Kneipenbesuch oder in einem beruflichen Meeting spüren.

Bahnbrechend, innovativ, außergewöhnlich ist das Buch nicht, aber es hat Spaß gemacht, es überhitzt zu lesen und zu bewerten. Jetzt muss ich aber weiter zur nächsten Krise.

Donnerstag, 24. Juni 2021

2044: Auf Leben und Tod von Fred Schumacher

Bei dem Buchtitel "2044 Auf Leben und Tod" wurde ich zunächst stutzig. Was sagt mir diese Zahl 2044? Klar, auf den ersten Blick ist es das Jahr in dem der Roman beginnt. Auf den zweiten Blick steht die Zahl semantisch für Willenskraft und Individualität. Mir scheint dies eine verdeckte Botschaft von Fred Schuhmacher, dem Autor, zu sein.

Meine erste Entdeckung im dem Buch ist die Halbinsel PARA. Dort zu wohnen scheint ein besonderes Privileg zu sein. Die Bewohner selbst entscheiden darüber und nicht selten heißt es: "Du kommst hier net rein, Du Wicht".

Die Überwachung zum Schutz von PARA ist sehr präzise und umfassend. Sie macht vor privaten Räumen nicht halt. Gerade Beziehungen zwischen PARAs und Nicht-PARAs, hier "Wichte" genannt, sind besonders suspekt und daher überwachungswert. Ein verliebtes Pärchen in dieser Konstellation stört das und sie versuchen, der permanenten Überwachung zu entfliehen. Auf geht's nach Berlin. Wird dies gelingen? Datenschutz war ja in Deutschland immer groß geschrieben, denke ich mir, aber Berlin war auch die Stadt mit den meisten Agenten und Geheimtunneln.

Oh, eine Nachricht vom Minihandy: Meine Bekannte fummelt gerade an jemanden herum. Es gibt sogar eine Sprachaufzeichnung. Ich blättere schnell zur nächsten Seite im Buch. Weitere beunruhigende Nachrichten lese ich. Dieses Antipodien rüstet mit nuklearen Waffen auf, eine klare Bedrohung für die PARA-Welt. In dem Buch ist aber auch alles drin: Krebs, Umwelt, Politik, Konzerne, Militär, Waffen, Technik, Menschen, Immunsystem und natürliches das Zusammenspiel bzw. Börsenspiel. Wie dem auch sei, der Autor lockert dieses durch die Wahl der Namen und Ausdrücke mit ein wenig Humor auf: "Ach du liebe Börse". Zudem klingt mir Antipodioten verdächtig nach Idioten. PARA suggeriert para-militärisch, und dann noch die Bezeichnung für alle, die nicht auf der PARA-Halbinsel leben: "Wichte". Namen wie Schwarzschild-Rockenfelder sind hingegen klangvolle Namen, die altehrwürdig und nach viel Kapital klingen. "Tropf" steht für Logistikzentrum. Ich mag grundsätzlich Humor, doch es hindert mich ein wenig als Leser, durch diese subtilen Assoziationen in der Fiktion voll und ganz in der Geschichte gedanklich einzutauchen. Für mich kommt das Werk eher wie eine theoretische Extrapolation aus der Gegenwart vor. Der Autor bestätigt dies im Nachwort, dass es sich um ein mögliches Szenario handele.

Aktualität gewinnt der Roman dadurch, dass die Menschheit weiter an der Intaktheit ihres Immunsystems einbüßt. Es werden monatliche Impfungen verordnet. Schwer bis unheilbare Krankheiten entstehen. Um Nadelstiche zu vermeiden, hat jeder Mensch ein Dock-Implantat im Körper für den Impfstoff. Die Pharmaindustrie macht gute Geschäfte mit schwachen Immunsystemen. Kommt Euch das bekannt vor? Manchmal schreibt das Leben die besten Geschichten.

Ich finde es interessant, wie der Autor mit jedem Kapitel einen weiteren Informationsbaustein zum besseren Verständnis des Szenarios liefert und sie mit den Wahrnehmungen der zwei Protagonisten verwebt. Für uns Leser wird dadurch die Situation erst richtig plakativ und innerlich betroffen. Zum Schluss des Buches werden wir hingegen mit Erklärungen, Absichten, Hintergründen und Motiven überschüttet. Das stellt sich mir etwas unausgewogen dar, die gesamte Aufklärung ins letzte Kapitel zu packen. Das habe ich bei Sherlock Holmes schon nicht gemocht, bei dem der Detektiv auf einmal Dinge aus dem Hut zaubert, die der Leser nicht wissen kann. In diesem Fall könnte ich mir hingegen vorstellen, dass es viele Leser auch nicht wissen wollen.

Das Buch ist quasi als Wirtschaftskrimi, Romanze und dystopische Zukunftsvision zu lesen. Für mich suggeriert die Geschichte, dass wir das Immunsystem besser verstehen und künstliche Abhängigkeiten von Außen vermeiden sollten. Der Mensch könnte sehr wohl ohne Minihandy, permanente Überwachung, regelmäßige Immunisierung durch Impfung, etc. natürlich und frei leben. Doch die gezielte Naturbeseitigung und Einschränkung der Freiheit sind der Schlüssel, um Konzern-Abhängigkeiten künstlich und vor allem global zu manifestieren.

Die unausgesprochene, jedoch implizite Kernbotschaft im Buch ist, die Handlungen von Politik zu hinterfragen und sich nicht zu einseitig zu informieren. Gesundheit lässt sich nicht spritzen. Für Gesundheit muss jeder selbst mit seinem Körper arbeiten. Wir brauchen Natur. Unternehmen geht es um ein solides Businessmodell. Unsere Gesundheit ist ein Markt! Oh, Börse, oh Börse, das Buch bringt es auf den Punkt.

Dienstag, 22. Juni 2021

Das Geheimnis der Schokoladenkekse Ein Fall für Hannah Swensen. Kriminalroman von Joanne Fluke

Mit dem Café "Cookie Jar" hat sich Hannah Swensen sehr beliebt gemacht in der Kleinstadt Lake Eden. Ihre Plätzchen sind ein gern gesehenes Mitbringsel und machen die Bewohner gesprächiger.
Ihr Schwager ist Polizist und gerade mit der Aufklärung eines Mordes befasst.
Hannah nutzt ihre Plätzchen, um bei den Ermittlungen zu helfen. Offiziell darf das keiner wissen, Bill könnte Ärger bekommen. Gerade weil er auf eine Beförderung hofft.
Hannah versucht ihr Möglichstes, doch ihre Neugier ist groß, genauso wie ihr Helferinstinkt.
Also muss sie geschickt ihre Backkunst einsetzen und die Bewohner von Lake Eden ganz unauffällig zum Reden zu bringen. Irgendwer hat bestimmt was gesehen oder gehört, um den Mörder zu fassen.

Ein sehr netter Krimi aus der Reihe "Mord in bester Tradition" aus dem Lübbe Verlag besticht mit Plätzchenrezepten aus der Feder von Hannah Swensen. Am Ende ist eine Übersicht der Rezepte, die im Buch verstreut sind mit Anmerkungen der Bäckerin.
Die Spannung baut sich langsam auf, was der Geschichte nicht schadet. Die Charaktere werden gut vorgestellt, ohne den Leser zu verwirren.
Hannah ist eine sehr sympathische Person, die mir ein wenig zu viel von ihren Plätzchen redet, zumindest verteilt sie am laufenden Band ihre Tüten. Zum Charakter passt es, mir war es eine Spur übermütig.
Die Bäckerin hat Potenzial für eine Reihe, was auch an Bill liegt, dem Schwager.
Als Polizist gibt es immer wieder Zeugen, die befragt werden müssen und vielleicht mit Schokokeksen eher reden.
Die Familie von Hannah bietet ebenfalls genug Gesprächsstoff, von denen würde ich gerne mehr lesen.
Hannahs Liebesleben braucht auch Schwung, von daher muss es eine Fortsetzung geben.
Mir hat dieser leichte Krimi sehr gefallen, es ist eine Geschichte zum wohlfühlen.
Das Cover ist ein Hingucker, man hat viel zu entdecken. Nur das toxische Zeichen an der Bäckereitür ist irreführend.
Der Frauenkopf findet sich vor jedem Kapitel,was zusätzlich sehr hübsch gemacht ist.
Rundum sehr empfehlenswert.


Unter den Masken von Hannah Mauritz

Wie wär es, jeden Tag ein anderer zu sein? Mit dieser Kurzgeschichte kann ich in das wechselhafte Leben von B-78/19 abtauchen.

Dieser ist stets in menschlicher Gestalt unterwegs und zeigt menschliches Verhalten. Doch zu welcher Seite gehört er? Roboter? Mensch? Hat er überhaupt eine Identität. Oder sie?

Gibt es darauf eine rationale oder irrationale Antwort? Ach ja, möglicherweise gibt es mehr. Ein Disput beginnt. Verschiedene Sichtweisen werden ausgetauscht. Die von Menschen, die von menschlichen Robotern. Die Angst vor den Folgen einer Abstimmung steht in den Gesichtern, wenn Roboter Recht bekommen und was wenn nicht? Dienen Roboter den Menschen noch, wenn die gleichgestellt werden? Das erinnert mich an die Diskussion in unserer Gegenwart, ob Unternehmen für Roboter und Automatisierungslösungen nicht genauso Lohnsteuer zahlen müssten, wie für menschliche Angestellte.

Was, wenn ein Roboter in Gestalt eines Menschen für Roboter eintritt, würde er von Robotern akzeptiert? Gibt es einen Streit, einen Streik, einen Streich? Mit welcher Identität?

Das Buch ist spannend durch die Spannung zwischen den Arten. Es gibt viele Fragen und keine einfachen Antworten, im Grunde gar keine Antworten. Aber die Fragen sind auch wichtiger als die Antworten. Die Fragen werden nämlich auch in unserer Zeit zu selten gestellt. Das Buch ist ein Denkanstoß nicht nur für Roboter. Kurz, knapp gerade richtig in der kleinen Pause.

Montag, 21. Juni 2021

Tote Tante von Heidi Wagemann

Gut vorbereitet, ein Leben lang

Heute ist mal wieder Zeit für einen Booksnack: Herunterladen, in der kleinen Pause lesen, ein Gesprächsthema haben. Ja, Booksnacks sind kleine wirklich sehr kleine Bücher, die in 10 Minuten gelesen sind. Ernsthaft, die Rezension zu schreiben, dauert länger.

Doch einen Bernstein zu finden dauert noch länger. Tante Anni macht sich auf die Suche. Sie ist leidenschaftliche Sammlerin. Gerade bei Schietwetter sind Erolgsaussichten besser. Heiko ist dabei ihr mehr oder weniger motivierter Begleiter. Das Buch ist ein kleiner Krimi und es heißt "Tote Tante". Nunja, "Tote Tante" ist eigentlich ein Heissgetränk. Die Doppeldeutigkeit ist gewollt. Sagen, wir es mal so, es gibt Interessen und Begehrlichkeiten.

Die Beschreibung der Örtlichkeiten und die Charaktere haben mir gefallen. Alter schützt vor Tatendrang nicht. Auch wenn der Körper schwächelt, kann das ältere Gehirn der Jugend noch etwas vor machen. Ein wenig hätte ich mir gewünscht, dass die Geschichte weiter geht. Mir gefällt das Meer, die Gezeiten, der Nebel ... Abenteuer ... man weiß nie was man findet. Gespür ist hilfreich für das was sucht und Gespür für das Umfeld. Vielleicht ist es in diesem Buch

Glück an Bord Ein Kreuzfahrt-Liebesroman von Sonja Flieder

Wer eine leichte Lektüre sucht, ist bei "Glück an Bord" genau richtig.
Es geht um eine Kreuzfahrt mit drei Freundinnen, die einfach mal entspannen wollen.
Für Olivia bedeutet die Reise der Blick in eine leichtere Zukunft. Ein Schicksalsschlag hat ihr schwer zu schaffen gemacht. Mit ihren Freundinnen soll es völlig unbeschwert werden, die Frauen verstehen sich blendend und kennen sich bereits viele Jahre.
Das Schiff bietet viel Luxus an und ein abwechslungsreiches Freizeitangebot.
Es könnte ein so toller Urlaub werden, wenn nicht Alexander auf dem Kreuzfahrtschiff wäre.
Er ist dort Küchenchef und in ihn war Olivia mit 14 Jahren heimlich verliebt.
Wie soll sie sich ihm gegenüber verhalten, erkennt er sie überhaupt?
Plötzlich ist die fröhliche Stimmung dahin. Es wird kompliziert und Olivia hat an ihrer Vergangenheit zu knabbern.
Doch ihre Freundinnen haben auch ein Wörtchen mitzureden. Dem Glück von Olivia darf nichts im Weg stehen.

Die Geschichte beginnt amüsant, mit einem Pechvogel, der beinahe die Kreuzfahrt in Gefahr bringt.
Eigentlich wollten die Frauen zu viert reisen.
Zum Glück haben Rike, Olivia und Chiara sich zu sehr auf die Fahrt gefreut und lassen sich nicht unterkriegen.
Zusammen bilden sie ein amüsantes Trio.
Jede hat ihre Macken, hin und wieder etwas nervig, aber als Freundin immer zuverlässig.
Es ist ein sommerliches Lesevergnügen, ohne viel Trara. Man schlägt das Buch auf und liest sich in eine lockere Geschichte ein.
Viele Namen muss man sich nicht merken, das macht es sehr einfach zu lesen.
Von den Freundinnen macht man sich schnell ein Bild. Die eine ist eine Sportskanone, die andere schnauft bei jeder Treppe.
Es wird gut gegessen, viel gelacht und als Leser sieht man schöne Orte. Ein wenig lehrreiche Geschichte ist auch dabei.
Das Ebook hat etwa 179 Seiten, die im Nu vorbei sind. Großartig nachdenken musste ich bei der Lektüre nicht, es war ein entspannter Genuss.

Donnerstag, 17. Juni 2021

Chronische Erkrankungen rückgängig machen von Dr. Matthias Meier

Nachdem ich bereits das Buch "Der Mensch ist zu schlau zum Überleben" von Dr. Matthias Meier gelesen habe, habe ich mich auf den ersten Band "Chronische Erkrankungen rückgängig machen" gestürzt. Für mich plausibel ist der ganzheitliche Ansatz, den der Autor immer wieder anspricht. Oft haben die Leiden eine oder mehrere Ursachen und die liegen ganz wo anders verortet als wo das Symptom auftritt. Mitunter können es sogar mehrere Faktoren. Der Leitfaden-Charakter ist in der Tat in diesem Band ernstgemeint. Es werden nicht nur Erkrankungen vorgestellt, sondern quasi mögliche Therapien, die zumindest eine Idee geben, was zuträglich sein könnte.

Gefallen haben mir die vielen bunten Bilder vom inneren von Patienten, die eine Vorstellung geben, was untersucht werden kann und wo eventuell Korrekturen notwendig sind. Hier macht es eventuell Sinn, das Buch auf dem PC oder in einer App zu lesen, um von der Farbgebung profitieren zu können. Das Layout des Buches könnte für meinen Geschmack noch ästhetischer gestaltet werden. Es ist doch sehr puristisch, was insbesondere bei den vielen Aufzählungen angeht. Hier und da würde ich mich mir auch noch Belege für Wirksamkeit der Diagnoseempfehlungen wünschen. So hat es fast etwas von Treu und Glauben.

Das Buch kann natürlich nicht einen Arztbesuch ersetzen. Es ist wirklich als Leitfaden und Orientierung zu sehen, um bei einem Arztbesuch nicht ganz ahnungslos dazustehen. Es ist quasi als unabhängige Außensicht (ohne den Patienten und sein Umfeld) genau zu kennen. Doch eventuell können die Inhalte eingefahrenen Ärzten auch zu denken geben und Methoden aus der Naturheilkunde ein Chance geben.

Wobei letztlich entscheiden wir natürlich. Das Buch eignet sich auch als Nachschlagewerk. Zum Glück ist noch nicht alles relevant bezogen auf unsere Person. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.

Letztlich geht es um mehr Lebensqualität. Doch wir beobachten häufig das Gegenteil. Der Körper des Menschen wird immer anfälliger gegenüber Krankheiten über die Generationen hinweg. Die gute Nachricht ist, wir haben selbstheilende Kräfte in uns. Und diesen Kräften sollten wir auf die Sprünge helfen. Der Autor meint sogar, dass 97% der chronischen Erkrankungen rückgängig gemacht werden können.

Für mich ist das zu sehr eine Schätzung als wirklich belegbar. Klar ist jedoch, dass wir unsere Selbstheilungskräfte gepaart gesunder Lebensweise verbessern können. Und die Hoffnung stirbt zuletzt, wenn wir sie nicht zuvor schon abmurksen.

Der Autor findet einfache Worte für komplexe Zusammenhänge und erläutert medizinische  Fachtermin, gefolgt von Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Beeindruckt hat mich die Fülle von Krankheitsbildern in dem Buch und trotzdem noch eine recht ausführliche Beschreibungen zu jeder Diagnose. 

Der Autor hält vor, dass das Immunsystem oft falsch verstanden wird. Wir sollten es nutzen, stärken und nicht zwangsläufig Schmerzmittel und andere Symptomunterdrücker einsetzen. Pillen und Spritzen sind oft die bequeme Wahl auf kurze Sicht. Selbst Impfungen seien mit Vorsicht zu genießen: Entgiftungen seien mitunter schwierig und möglicherweise resultierende Nachfolgeschäden. Der Autor greift damit auch ein brandaktuelles Thema "Corona" auf.

Da dies der Band 1 ist, sind offenbar noch weitere Bände geplant. Das Werk ist jedoch in sich abgeschlossen und unabhängig von anderen Büchern zu lesen.

Bretonische Idylle von Jean-Luc Bannalec

Le Commissaire Georg Dupin zieht entspannt seine Bahnen im Meer. Vor der Arbeit schwimmen ist zu einem Ritual geworden.
Die Ruhe wird jäh gestört durch wedelnde Arme und laute Rufe von Kadeg.
Eine Leiche wurde im Hafen gefunden. Es handelt sich um einen Schäfer von der Insel Belle-Île.
Anscheinend war der Tote nicht sehr beliebt. Bei den Recherchen findet Dupin einige sehr  interessante Dinge heraus.
Doch wer ist der Mörder, die Suche gestaltet sich schwierig. Das Team um Dupin ist eifrig und klar bei den Ermittlungen dabei.
Leider kommt der Genuss von leckeren Speisen und der wichtige Café zu kurz.
Immerhin wird Dupin durch die Landschaft entlohnt. Belle-Île ist ein traumhaftes Fleckchen Erde. Bereits der Maler Monet wurde hier inspiriert durch die wunderschöne Farbenpracht der Flechten. Sie lassen die Landschaft erblühen und bieten dem Auge sehr viel Schönheit.

Der Fall ist gut gestaltet und ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Zwar wirkt es eher wie ein Reisebericht, denn jeder Beteiligte schwärmt in den höchsten Tönen von der Insel.
Doch es hat meine Begeisterung nicht gemindert, sonder eher sehr neugierig auf die Insel gemacht. Besonders faszinierend fand ich Jean und Jeanne, zwei über 4 m hohe Menhire. Dahinter verbirgt sich eine Sage, die im Buch erklärt wird. Es ist ein magischer Ort, den auch Dupin nicht los lässt.

Der Krimi regt sehr zum miträtseln an, es kommen viele Verdächtige ins Bild. Neue Erkenntnisse der Ermittlungen bringen Klarheit, aber auch wieder Unstimmigkeiten.
Der Kreis der Verdächtigen wird zwar kleiner, schwierig bleibt es dennoch für Dupin.
Dadurch wird die Geschichte sehr lebendig und spannend.

Unklar ist mir Kadegs Familienleben, da hat mich was stutzig gemacht hat, ich hatte seit
Band 9 eine andere Erinnerung.

Dies war das einzige Fragezeichen, sonst würde alles aufgeklärt und Le Commissaire Georg Dupin hat mal wieder einen guten Job gemacht.
Zehn Jahre ist er mittlerweile in der Bretagne und wird schon fast als Bretone gesehen.
Auf sein Team kann Dupin stolz sein und der Autor auf seine geschaffenen Figuren.

Resistent: Sie werden uns kontrollieren von Stefanie Mühlenhaupt

Powerbee schlägt zurück

Die Klimakatastrophe hat in der Welt und damit auch Deutschland zugeschlagen. Eine Gentechnikerin namens Sophie erprobt auf Shelter 1, eine Versuchsanstalt der Firma FoodTec, hitzeresistente Obstbäume. Ja, und was braucht man für viel Obst? In der Tat Hunger gibt es genug. Deutschland hungert, ebenso Europa. Aber noch wichtiger für den Bestäubungsvorgang der Obstbäume sind Bienen. Doch die haben es schwer durch die andauernde Hitze und die Überschwemmungen. Daher gibt es Unternehmen, die das verbessern wollen. Lebensmittelkonzerne gewinnen in dieser Welt politisch an Bedeutung gewinnen. Deren Versuchs-Plantagen müssen vor den Übergriffen von Menschen, beschützt werden. Überwachungs-Drohnen überfliegen das Gelände. Der Titel des Buches heißt "Resistent - Sie werden uns kontrollieren". Sophie züchtet genmanipulierte Bienen, die gegen die bekannten Krankheiten immun sind.

Trotz des auf den ersten Blick guten Ansinnens, den Ertrag der Ernten von Landwirten und Obstbauern zu steigern, gibt es Übergriffe, da ein Großteil der Bevölkerung unterversorgt ist. Den Mitarbeitern des Konzerns FoodTec geht es gut. Sie werden überdurchschnittlich versorgt. Die Bevölkerung bekommt nur das Nötigste, wenn überhaupt. In dem Roman geht es auch um das Sophies Privatleben, was sich unerwünschterweise mit dem beruflichen vermischt. Das nennt man wohl Work-Life-Balance, wenn der Chef ihr Avancen macht. Hinzu kommt, dass das Unternehmen Forschungsergebnisse kommerziell zu nutzen versteht. Kundenbindung nennt man das und Wahrung von Firmengeheimnissen.

Loyal bleibt eine Mitarbeiterin zu ihrem Arbeitgeber nur, wenn sie Nutzen erkennt. Was natürlich auch für Arbeitgeber gilt, wenn dieser den Mitarbeiter beurteilt. Nicht immer sorgen gute Forschungsergebnisse für eine positive Mitarbeiter-Beurteilung. Manche Mitarbeiter sollten einfach nicht zufällig Dinge sehen, die sie besser nicht gesehen hätten. Der Name Sophie bedeutet "göttliche Weisheit". So kommt es, dass Sophie Hals über Kopf flieht. Nicht der erste Schlussstrich, den sie gezogen hat. Ihren Mann Tom hatte sie auch schon abgeschrieben. Aber in der Not ist er die Person ihres Vertrauens, was nicht mit Loyalität zu verwechseln ist.

Das Unternehmen versucht mit allen Mitteln, die abtrünnige Mitarbeiterin wiederzugewinnen. Aber auch andere geben ihr Bestes, sie unter ihre Fittiche zu bekommen. Jede Partei hat Fragen. Dabei ist doch eigentlich unerheblich, so wundere ich mich, ob jemand das Geschäftsmodell hinter den Bienen aufdeckt, denn spätestens nach einem Jahr ist es sowieso offensichtlich.

In dem Buch gibt es ziemlich viele inhaltliche Wiederholungen, wie sich alles zugetragen hat. Vielleicht wäre der Titel "Renitent" besser. Ich hab es nicht fassen können, dass Sophie erneut bei etwa 74% des Buches ihre vermutete "Mutation" bestätigt sah, so als erfahre sie es hier zum ersten mal. Ich habe es jedenfalls schon 7 mal gelesen.

Was auch komisch ist: Wenn jemand extrem durstig ist und lange Zeit nichts mehr zu trinken bekommen hat, dann entzieht der Körper der Blase Flüssigkeit. Der Harn wird dunkel. Wenn Sophie eine volle Blase, dann ist der Wasserhaushalt noch in Ordnung.

Der Kampf von Becka unter Einsatz des Lebens für die Armen und diese Unbarmherzigkeit gegen ihre Schwester passen nicht wirklich zusammen und verstärkt bei mir die Unglaubwürdigkeit der Hauptcharaktere zu Beginn. Doch eine gemeinsamer Feind verschwestert, wäre ja auch nicht auszuhalten, der Kindergarten hier.

Die Szene mit Sophie und Leo im Auto ist bezeichnend für die Gesellschaft. Leo macht die Klimaanlage an und zwar in einem Land, welches sich inmitten der Klimakatastrophe befindet und nimmt den Mehrverbrauch in Kauf und gleichzeitig beschwert er sich über das offene Fenster von Sophie wegen Energieverschwendung. Klimasünder verachtet vermeintliche Klimasünderin.

Die Handlung finde ich überwiegend vorhersagbar. Spannend wird es, wenn die Hauptpersonen gejagt werden oder auf Firmengelände vordringen.

So ganz will mir nicht in den Kopf, warum so ein Lebensmittel-Konzern, welches alle Daten gespeichert hat, so hilflos dasteht, die gezüchteten Bienen des Widerstands wieder einzufangen oder ein Virus zu züchten, welches Genmaterial in Bienenvölker des Widerstands einschleust. Aber vielleicht ist das ja Thema für die Fortsetzung. Für alle Arbeitssuchenden die gute Nachricht, FoodTec stellt wieder neue Mitarbeiter ein. Bewerbt Euch jetzt.

Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes

Dieses Buch hat alles in sich. Angefangen bei einem Unfall mit schwerwiegenden Folgen.
Dann eine bezaubernde Louise, die es gerade schwer hat. Der Job plötzlich weg, die Beziehung eher flau.
Mit 27 Jahren lebt Lou noch daheim, ihre Eltern brauchen die Unterstützung von ihr und ihrer Schwester.
Dann ein neuer Job, der viel Geld bringt, aber auch sehr hart ist. Emotional eine Achterbahnfahrt für Lou.
Sie lernt Will kennen, er ist 35 Jahre und hat mit dem Leben zu kämpfen.
Lou versucht ihn aufzumuntern und bringt dabei ihre Gefühlswelt durcheinander.

Es ist eine Geschichte, die mir extrem gut gefallen hat. Darin gibt es keine Langeweile, es geht rauf und runter mit den Emotionen.
Was mich in keinster Weise gestört hat, da es eine gute Prise von allem war.

Die Familie von Lou mag ich sehr, sie sind sehr herzlich miteinander. Zwar ist der Papa manchmal frech zu Lou, aber er meint es immer gut.
Die Mutter kümmert sich um den Demenzkranken Großvater, was ihr alles abverlangt. Trotzdem bleibt sie eine liebevolle Mama.
Das Buch hat mich sehr mitgenommen, ich war hin und wieder den Tränen nah, hab auch viel gelacht. Lou ist ein sehr warmherzige Mädchen, dass ihre Rolle sehr gut spielt und ich habe an ihr nichts auszusetzen.

Von der Autorin kenne ich bisher nichts. Die zwei Fortsetzungen liegen bereit, ich freue mich auf das Wiederlesen mit Lou und ihrer Familie.
Der Schreibstil ist rundherum ein schönes Erlebnis, mir hat es viel Freude bereitet und gleichzeitig Raum zum Nachdenken gegeben.
Die Autorin hat viel hinein gepackt, man hat kaum Zeit für eine Pause, da die Geschichte total fesselnd ist. Trotz der Thematik, welche betroffen macht, ist es sehr gute Unterhaltung mit Platz zum schmunzeln.
Definitiv volle 5 Sterne für Lou und Will und nochmal 5 Sterne für die Familie von Lou.

Samstag, 12. Juni 2021

Das unsichtbare Leben der Addie LaRue von V. E. Schwab

Ein ganz besonderes Buch ist leider zu Ende gelesen. Die über 500 Seiten waren zu schnell beendet. Ich habe jede Seite inhaliert und mich über jede Seite gefreut, die noch kam. Doch irgendwann ist das letzte Kapitel gelesen und ich schalte den Ereader ab.
Es wird mit noch für sehr lange im Gedächtnis bleiben, 300 Jahre werde ich nicht schaffen, aber zumindest ein paar davon.

"Das unsichtbare Leben der Addie LaRue", übersetzt aus dem Amerikanischen von Petra Huber und Sara Riffel
ist eine phantastische Geschichte über ein junges Mädchen, dass im Jahr 1714 vor den Fesseln der Ehe einen Pakt mit einer dunklen Gestalt eingeht.
Sie will leben, frei sein, keinem gehören. Ihr Wunsch wird erfüllt. Der Preis, ihre Seele, wenn Addie nicht mehr leben will.
Es beginnt eine lange Reise mit einem sehr erfüllten und ereignisreichen Leben.
Einzig die Beständigkeit bleibt Addie verwehrt. Wer sich von ihr abwendet, vergisst sie sofort wieder.
Eine Beziehung zu einem Mann ist unmöglich, nach einer gemeinsamen Nacht, weiß derjenige nichts mehr davon.
Addie ist zunächst verzweifelt, doch im Laufe der Jahre lernt sie sich zu arrangieren.

Jeder Abschnitt auf Addies Reise ist eine abenteuerliche Erzählung. Man taucht ein in die Jahrhunderte und lernt Addie sehr gut kennen. Der Schatten von damals ist immer wieder präsent und versucht sich die Seele der jungen Frau zu holen.
Mit Charme und auch brutaler Gewalt versucht er sein Glück. Addie bleibt hart, ihre Seele ist ihr Heiligtum.
Erst als sie im Jahr 2014 einen Mann trifft, der sich an sie erinnert, beginnt Addie erst richtig das Leben zu genießen. Doch Henry hat ein Geheimnis, welches die Zukunft sehr beeinflusst.

Dieses Buch hat mich restlos begeistert, die einzelnen Epochen aus Addies Leben sind voller Spannung und sehr interessanter Szenen. Egal wo sich Addie gerade befindet, ich habe mit ihr gebangt, wenn es brenzlig wurde.
Da auch das schönste Buch irgendwann ein Ende hat, habe ich unterwegs viel überlegt, wie Addies Reise endet.
Es kommt recht überraschend, ich hätte einen anderen Weg gewählt, aber wie es die Autorin geschrieben hat, damit kann ich mich mit abfinden.
Addie LaRue ist absolut empfehlenswert, für Leser die phantasiereiche Bücher mögen.
Es gibt auch romantische Momente, die nie zu rosarot sind. Auch eine freie Person braucht Liebe. Es gibt auserdem keine langatmigen Szenen , die Autorin verwendet keine Lückenfüller. Der Stil ist fesselnd und fängt den Leser von Anfang an mit einer wundervollen Geschichte.

Ich freue mich sehr, dieses Buch gelesen zu haben.


Leseprobe vom Fischer Verlag:

https://www.book2look.com/book/9783596705818



Krimi ohne Mord von Thomas Kowa

Fünf auf einen Streich

Zu Beginn der Kurzgeschichte "Krimi ohne Mord" von Thomas Kowa gab es eine Anspielung auf die vielen existierenden Insel- und Küstenkrimis. Dabei ist dieser Band selber solch einer. Allerdings geht es hier um gleich 5 Tote. Moment, hieß der Krimi nicht "Krimi ohne Mord"?
Kampen wittert seine Chance, als großer Ermittler die Tat aufzuklären.
War es eine Vergiftung? Er ermittelt in alle Richtungen. So auch gegen seinen Kollegen Hering. Am Ende wird noch der Leser vorgeladen, denke ich, und halte das eBook etwas weiter von mir fern.
Die Geschichte ist echt kurz, hingegen um ein richtiges Verbrechen zu erleben, muss ein Kommissar auf Sylt schon lange warten. Das finde ich irgendwie beruhigend. Die Welt ist stellenweise besser, als es scheint. Wobei ich auch so eine Type bei der Bundeswehr kennengelernt hatte, der sich nach Fronteinsatz sehnte. Also vergleichbar mit Kommissar Kampen. Wie kann ein Beruf einen nur so stark vereinnahmen, dass man Leid und Unglück anderer als Herausforderung und Chance sieht, um beruflich positiv aufzufallen? Oder ist es normal in diesem Beruf, dass man Mord wie ein Bäcker sein Mehl sieht?
Bei dieser Kurzgeschichte finde ich gut, dass sie zwar in sich rund und abgeschlossen erzählt ist, aber dennoch genug persönliche Fragen erzeugt. Inwieweit hinterfragen wir das, was wir wünschen? Sehen wir noch das Gute, wenn es uns ins Gesicht springt? Wie abgebrüht sind wir und wieviel Sensibilität sollten wir bewahren?
Ein gelungener Fast-Booksnack mit Überraschungsmoment und gelungener Pointe für den kleinen Lesehunger zwischendurch.

Freitag, 11. Juni 2021