Sonntag, 27. Juni 2021

Herz des Winters von Madeleine Puljic

Narben beweisen, dass uns keiner kaputt bekommt

Das Buchcover macht schon etwas her, es strahlt Kampfgeist, Magie und Dunkelheit aus. Ein Totenkopf glimmt grün in der Hand der Kriegerin. Kein Wunder, denn das Buch ist aus einer Serie von greenlight Press.

Als erstes springt mir die Karte ins Auge. Ich finde immer gut, wenn wir ein fiktives Land und Städte haben, dass dann dem Leser eine Orientierung angeboten wird, wie die Orte grob zueinander liegen.

Das nächste Highlight ist Berekh. Berekh ist ein Totenschädel und er spricht. Er war einmal ein großer Magier, behauptet er. Scheinbar ist etwas schief gegangen und er hat nur den Totenkopf behalten können. Nunja, mehr braucht er ja nicht. Äußeres wird viel zu überbewertet. Er leuchtet nicht immer grün, sondern je nach Stimmung. Aus der Fassung gerät er nur, wenn das Bier alle ist.

Daena, die äußerst charmant ist, wenn sie nicht spricht, trägt ihn mehr oder weniger bereitwillig mit sich herum.

Das Buch hat rund 200 Seiten und ist für mich schnell gelesen. Jedes Kapitel hat einen Greifvogel als Verzierung der Kapitelüberschrift. Vermutlich ist dies der Wappengreif der Kämpferakademie. Er erinnert daran, dass über den Köpfen eine Gefahr schwebt, die nur gemeinsam gemeistert werden kann.

Berekh, der Schädel, ist etwas kauzig und plappert viel für einen Mann. Und er schnarcht. Wie kann das sein, ohne Schleimhäute und Stimmbänder? Naja, alles magisch. Solche Schädel tauchen übrigens in ähnlicherweise in den Lockwood Büchern von Jonathan Stroud auf. Dort ist der Schädel auch manchmal hilfreich, aber ebenso unheilbringend. Tja, jeder Schädel hat so seinen eigenen Kopf. Aber mit einer Nekromanin kann ein Schädel Hand und Fuß bekommen. Mir steht der Mund offen. Wäre mir ein Magier in menschlicher Gestalt lieber oder ein von mir stückweit abhängiger Schädel, den man ab und zu durchrütteln muss bis die Zähne aufeinander klappern? Er sagt selber von sich, dass der letzte Teil Menschlichkeit in ihm gestorben wäre als seine Familie ausgerottet wurde. Macht ihn dieser Hass auf Täter nicht menschlich? Nein nicht zwingend, denn die Menschen tun alles, um die Täter zu entschuldigen und die Opfer zu bestrafen. Ist Berekh auf dem Weg ein Todesengel à la Eschenbach zu werden?

Der Humor in dem Buch ist super. Spannung ist in der ersten Hälfte des Buches keine. Das Buch lebt ein wenig von den Charakteren und weniger durch den sich andeutenden Kampf mit einer besonderen Spezies. Einzig war ich gespannt, ob es noch etwas abenteuerlicher würde. Wie dem auch sei, für Unterhaltung ist bei jeder Szene gesorgt. Nach und nach erfährt der Leser, was Berekh und Daena so erlebt haben.

Der Magier, der Stinktiere auf seinen Gegner losließ, ist super. Also bei der Schlacht wäre ich gerne dabei gewesen. Hmm, was hätte ich gezaubert? Berekh steht doch auf Bier. Wenn ich das in Wein umgewandelt hätte, wäre bei ihm Hopfen und Malz verloren. Aber das sind jetzt alte Geschichten und offenbar hat es auch so geklappt.

Im weiteren Verlauf der Handlung werden viele Spezies und Gilden von dem ungleichen Team besucht. Daena versucht neue Gefährten einzuspannen - mit ihrer undiplomatischen, aber emotionalen unverblühmten Art. Ein gemeinsamer Feind verbrüdert ganz ohne Magie. Es geht um Team-Bildung trotz aller Gegensätze und Unterschiedlichkeiten.

Für mich etwas offen bleiben Motive der kultivierten Echsen, die nur gesunde Menschen essen. Das Buch heißt "Herz des Winters", aber einen eindeutigen Hinweis dazu, habe ich nicht herauslesen können.

Es ist eine liebevoll detailreich erzählte Geschichte von Madeleine Puljic, die für meinen Geschmack etwas zu sehr vorhersehbar ist und kaum Raffinesse bei den Handlungen der Protagonisten aufweist. Die Autorin muss durchaus noch etwas in der Serie in petto haben, damit die Bücher ein Erfolg werden. Das typische "Gut gegen Böse" Schema hat für mich aber nicht zu einer Abwertung bei der Sternevergabe geführt, denn aus der Nummer kommen die meisten Autoren nicht raus. Im Grunde fühlte ich mich bestens unterhalten und das was auf dem Tisch lag, war in sich rund.

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