In einem Buch, der beim Dudenverlag veröffentlicht wurde, finde ich bestimmt keine Rechtschreibfehler, dachte ich mir. Nunja, bei einer Zahl war die Tausendertrennung falsch gesetzt, aber im Grunde war es erwartungsgemäß sauber geschrieben.
Das rote Buch fing mit einem lockeren Interview von Dr. Eckart von Hirschhausen mit den beiden Autorinnen an, die den Bereich Umweltmedizin und Journalistik abdecken. Ich stellte mir dabei vor, wie eine Umweltärztin agieren würde. Hält sie ihr Stethoskop gegen einen Bergrücken gedrückt und ruft einatmen und ausatmen? Weit gefehlt, die Umwelt ist weniger das Problem, es ist der Mensch. Im Vorwort erfährt der Leser ein wenig vom Hintergrund der Autoren und wie die beiden an all die Informationen und Fakten in dem Buch gekommen sind. Die Schokolade für Interviewpartner hat offenbar gewirkt. So kamen viele interessante Gespräche mit Experten zustande. Mit einem Dialog in ein Fachbuch einzusteigen, ist ja schon kreativ.
Was mir zudem gefällt, sind die Icons auf jeder Seite, die für ein Kapitel stehen. Damit habe ich gerade bei Rezensionen eine gute Orientierung, wo ich mich befinde, insbesondere dann, wenn ich das Buch über mehrere Tage lese oder als Nachschlagewerk nutze. Praktisch finde ich auch das Abbildungs-, Quellen- und Stichwortverzeichnis.
Eine vertretene These im Buch ist, dass es nur gesunde Menschen geben kann, wenn die Erde gesund sei.
Gedanken gemacht habe ich mir als der Fellverlust des Menschen angesprochen wurde, ob es wirklich eine gute Entwicklung war, als der Mensch vor 5 Mio Jahren das Fell verlor. Es würde uns heute vor Sonnenbrand und Mücken schützen. Kleidung wäre auch nicht notwendig. Doch beim Langlauf würde es zur Überhitzung führen. Also alles gut.
Hitze kann tödlich sein, führte das Buch weiter aus. Das ist sicherlich einigen Lesern nicht bewusst. Wie oft habe ich gehört, das warme Temperaturen angenehm wären und es immer ein bis zwei Grad wärmer sein könnte. Manche denken sogar, ich hab doch eine Klimaanlage. Das Buch liefert genau solchen Zeitgenossen Beobachtungen und Statistiken, die belegen, dass nicht das Klima ein Problem ist, sondern wir. Die Erde würde uns überleben, aber wir würden verhungern oder überhitzen. Bei 43 Grad Körpertemperatur denaturieren die Proteine, bei 26 Grad Körpertemperatur verlieren wir das Bewusstsein. Andauernde 1-2 Grad Veränderung der Außentemperatur fordert vom Körper Höchstleistung, um die Körpertemperatur konstant bei optimalen 37 Grad zu halten. Trinken ist wichtig, die Bewegungsintensität und das Alter spielen eine Rolle. Der Wohnort ist entscheidend, der Beruf und der Gesundheitszustand, wie wir die Hitze vertragen.
Mich fasziniert die Vielfalt an Aspekten, die hier Kapitel für Kapitel untergebracht sind. Der Schreibstil ist gut verständlich, eingängig und für wahr kein Fachchinesisch. Im Grunde sei Hitzeschutz auch keine Raketenwissenschaft. Mit einfachen und wenigen Mittel könnten wir für Verbesserungen sorgen. Auch bei der Politik ist das Thema offenbar platziert. Ich stelle dennoch fest, dass eine Waldfläche nach der anderen verschwindet. Und damit die dort lebenden Arten. Ein Thema was fehlt, ist der Gesundheitszustand der Wälder in Folge der fehlgeleiteten Forstwirtschaft, die den Wald Jahr für Jahr zugrunde "pflegt".
Im Buch wird auf aktuelle Projekte, Studien, Initiativen in Deutschland und Strafen eingegangen, Digitalisierung, Mobilität, Allergien, Immunisierung, Viren, Blaualgen, etc.. Das alles zusammengenommen hört sich doch nach ziemlich großer Biodiversität an. Ich hätte mir gewünscht, dass das Buch mehr hervorheben würde, dass es durchaus nicht schlecht wäre, mehr für den Menschen gefährliche Arten zu haben. Unbegrenztes Wachstum ist sicherlich schlimmer zu bewerten, als eine Pflanze, die Schnupfen verursacht. Jede Art, ob Zecke, Mücke oder Elefant im Porzellanladen haben ihre Berechtigung. Wir sollten nicht alles verteufeln und in permanenter Angst leben.
In den ersten Sätzen steht, das Problem ist der Mensch. Erst mit dem Kapitel "Klima, Kopf und Seele" bei Seite 214 wird der Mensch adressiert. In dem Buch finden sich eher korrektive Handlungsmaßnahmen für uns Leser und keine präventive Maßnahmen. Das liegt zum einen daran, dass die Klimawende schon in vollem Gang ist und zum anderen, dass die Maßnahmen banal wären. Müssen Autorinnen erklären, wie ich mich umweltgerecht und nachhaltig verhalte? Ich denke, es weiß jeder Mensch, doch diese zeigen auf Politik, Projekt, Programme... Das alles klingt mir zu sehr bequem und zu wenig vertrauenerweckend. Wir brauchen keine Worte, wir brauchen Taten. Oh, das steht auch so ähnlich und wenig überraschend gegen Ende im Buch. Die Haltung "Andere sollen mal was tun", ist schwach. Es sei wichtig, dass jeder so viel grün, wie nur möglich um sich schaffe. Ich ergänze gedanklich: "und überlegt Kreisläufe zu nutzen". Wir brauchen Natur, können uns einfügen und es gibt bereits viele nachhaltige Produkte, die um Längen besser sind, als deren künstliche Alternativen. Jetzt zurück zum Buch, welches übrigens klimaneutral produziert wurde und PEFC zertifiziert ist. Ganz großes Lob an die Autorinnen bzw. den Verlag dafür.
Bei der Zeckenimpfung hätte ich mir ein paar Zahlen gewünscht zur Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung versus Risiko der Wirkungsverstärker im Impfstoff z.B Aluminium.
In den Buch gibt es sogar ein paar Abbildungen zur besseren Erklärung des Buchinhalts. Interessant fand ich die Tabelle mit den Bäumen mit Allergierisiko-Klassifikation. Birke kenne ich ja, aber Eibe auch allergisch? Ich mag trotzdem meine Eibenhecke.
Um die 300 Seiten Informationsflow erwarten den Leser. Das Buch schließt quasi mit einem Interview ab genauso wie es begann. Diesmal mit Martin Herrmann. Ob er klug ist, weiß ich nicht, aber er ist von KLUG.
Eine schöne Idee quasi als Zugabe finde ich die Klimasprechstunde. Ich möchte jetzt nicht wissen, wieviele jetzt 112 anrufen, weil sie Symptome wie hochroter Kopf, Aggressivität, plötzliches Erbrechen nach einem Kneipenbesuch oder in einem beruflichen Meeting spüren.
Bahnbrechend, innovativ, außergewöhnlich ist das Buch nicht, aber es hat Spaß gemacht, es überhitzt zu lesen und zu bewerten. Jetzt muss ich aber weiter zur nächsten Krise.
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