Mittwoch, 18. September 2024

Die Unmöglichkeit des Lebens von Matt Haig

Großartig, wie sich tröpfchenweise neue Informationen ergeben - zu einer Person, die lange Zeit aus den Augen verloren wurde. Ich frage mich, warum baut sich bei mir diese Spannung auf, immer weiterlesen zu wollen. Es liegt sicher an den skurillen Charakteren, dem vermitteltem Wissen, die eigenen Neugier. Und eine wilde Theorie baute sich für mich auf. Wäre ich dann enttäuscht, wenn es so abliefe, wie ich denke, oder kann ich in die Zukunft sehen, überlegte ich. Wahrscheinlich waren es eher die Gedanken eines Hippies.

Jedenfalls ist die Geschichte ausgefallen, ja, anfangs ein wenig wie Miss Marpel, wobei die Miss Marpel keine sein will und viel zu warm und grau angezogen ist, später ist die Geschichte dann eher Seemannsgarn.

Es entwickelte sich etwas in der Tiefe, was ich nicht erwartet habe: Etwas Unmögliches.

Dieses "Unmöglich" kommt oft vor. Gleich zu Beginn im Titel. Der Titel ist "Unmöglichkeit des Lebens", wird jedoch im Buch so erklärt, dass es die Unwahrscheinlichkeit des Lebens bedeute. Hmm, ist das nicht dasselbe? Nein, denn ich kann mit geringer Wahrscheinlichkeit etwas noch möglich machen. Aber unmöglich ist final. Wobei es "unmöglich" in den meisten Fällen nicht gibt, wenn wir darüber nachdenken. Es ist eine Ausrede zugunsten der Bequemlichkeit oder es fehlt an Geld oder Glück. 

Glück und glücklich leben ist ebenfalls ein Thema im Buch. Ob es Glück ist, dass Menschen auf der Erde leben, ist Ansichtssache. Von außen, oder außerirdisch betrachtet offenbar schützenswert oder unterhaltungswertig, das weiß ich nicht genau.

Im Verlauf gibt es noch einen Schlüsselsatz, der den Buchttitel erklärt und auch, warum Umweltschutz sich geradezu gebührt. Mit eigenen Worten, wenn man das Leben überall wahrnimmt und schätzt, dann sei es unmöglich, es nicht schützen zu wollen. Wir müssen es schützen, so die steile These. Da mag ich dagegen halten, wir können, aber wir müssen nicht, und in manchen Fällen sollten wir nicht, obwohl wir könnten und auch müssten. 

Eine weitere Aussage hät fest, wo Leben wäre, seien auch Möglichkeiten. Aber das Buch heisst im englischen "The Life impossible", was soviel wie „Das Leben ist unmöglich“ bedeutet. Wie man es dreht und wendet, der Titel passt dazu nicht und unvereinbar mit dem positiven Appell des Buchinhalts. Vielleicht ist es auch egal, was man macht. Eine Aufgabe im Leben zu haben, ist unwahrscheinlich lebenswichtig. Und in dieser Sache stimme ich zu.

Hingegen die Buchthese die Umwelt wahrnehmen und damit auch schützen zu wollen, würde ich in einer Konsumgesellschaft anzweifeln. Dort gibt es Leute, die einen Waldspaziergang machen, Hundekot auf Wegen und Bierdosen und Zigarettenkippen und anderen Mist hinterlassen und dann schwärmen wie schön es doch war.

Vielleicht sieht man es auch anders, wenn man Superkräfte einer künstlichen Intelligenz unfreiwillig bekommt, die zwar die Naturwahrnehmung verstärken, aber die Ausgewogenheit eigener Taten leiden lässt. 

Wirken die Gutmenschen im Buch militant und etwas verstrahlt? Was soll ich von dem Werk halten? Mir gefällt der Optimismus, das Heilende, das Unbekannte, die unbekannte Lebensform, der Plot, das Layout, welches es unwahrscheinlich macht, Schlüsselsätze zu überlesen.

Ich denke, das Buch kann Menschen helfen, aus einer Versenkung wieder an die Oberfläche zu finden und etwas Neues zu wagen, zu erben, zu schmecken, zu sehen. Auf einer Insel mit ganz klaren Grenzen, zum blau leuchtendem Meer und doch verbunden mit allem.

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