Agil ist in aller Munde, doch verstehen wir überhaupt warum und worauf die Projektorganisationsmethode basiert?
Im ersten Kapitel wird agiles Projektmanagement mit klassischem Wasserfall-Modell Projekten verglichen. Was für mich hierbei noch nicht durch den Text herüber kommt, ist, dass beim Agilen in den Sprints die Phasen nicht nacheinander, sondern parallel abgearbeitet werden. Das vermeidet Abhängigkeiten und verhindert Leerlaufen und Wartezeiten von Projektmitgliedern, die die Arbeitsergebnissen von anderen brauchen.
Ein vollständig agiles Projekt ist nicht, wie der Autor mit der Buchstruktur suggeriert, dass die Wasserfall Projektphasen mit agilen Konzepten, Rollen und Sprinttaktung angereichert werden.
Timeboxing=Sprints? Nein, das ist zu kurz gesprungen. Timeboxes sind zeitliche Begrenzungen für Sprints, Aktivitäten, Redezeit, Meetings, unvorhersehbare Zusatzaufgaben/Komplikationen, u.v.m.
Bei dem Beispiel "Modifizierte Rahmenbedingungen" fehlt mir das Fazit. Es nimmt immerhin eine ganze Seite ein.
Der Begriff Leistung wird nicht definiert.
Kapitel 2 thematisiert die zeitliche Entwicklungshistorie von agilen Vorgehensmethoden.
Kapitel 3 stellt agile Rollen und Gruppen vor.
Bei der Aussage "Reduzierung von Experten und damit deren Genehmigungsfunktion" gehe ich nicht mit. In der Projektpraxis bewähren sich zwar überwiegend demokratische Entscheidungen. Doch gerade für den Fall, dass es zu einer nicht aufzulösen dann Situation kommt, z.B. wo das Team sich nicht einig wird, ist eine Guildlead-Position wichtig, die notfalls eine Entscheidung fällen kann. Später im Buch bringt der Autor selbst das Bei Spiel, dass nur 99 Prozent durch das Team (mit Hilfe Scrummaster zu lösen sei). Ich würde mich da nicht auf eine Zahl festlegen wollen, da dies oft an Menschen, deren Fāhigkeiten, technischen, wie politischen, kulturellen Hintergründe hängt.
Die Testerrolle ist meines Erachtens nicht allein für die Anforderungsklärung verantwortlich, sondern der Teamleader, die ihre Guilde (z.B. Definition, Architektur, Konstruktion, Verfikation&Validierung, Kundenauslieferung) vertreten können.
Unter den Rollen ist der Projektmanager als Rolle nicht genannt. Komischerweise soll sie jedoch im Lenkungsausschuss berichten.
Im Kapitel 4 geht es um die Vision. Hier vermisse ich eine Referenz zum SAFe PI Planning.
SAFe kommt im Kapitel 5 sehr rudimentär beschriebenen vor. Das ist insofern enttäuschend, da im Vorwort des Autors "mehr" angekündigt wird. Aus mehr wurde nach agilem Prinzip offenbar weniger.
Was ich insgesamt sehr gut finde, dass der Autor nicht den Leser mit der Komplexität einer Methodik erschlägt, sondern in Wort und Schaubild es vereinfacht darstellt. Er holt damit klassische Projektmanager mit deren Vorkenntnis ab und baut Brücken zu entsprechenden Prinzipien und Vorgehensweisen der agilen Methodik.
In dem Buch mit 254 Seiten sind viele Themen angerissen.
Klarer hätte ich mir ausgedrückt gewünscht, wenn die agile Methodik eine Projektmanagement sei, es nicht zwingend einen Projektmanager braucht. Unabhängig davon ist für mich dies eher eine Projektorganisation, manchmal auch spürbar als Projektreligion. Der Begriff Management wird peinlichst vermieden. Teammanagement gibt es ja zu 99 Prozent ;-) nicht, sondern selbstbestimmte Teamorganisation.
Was gut im Buch ist, dass es Referenzen zu speziellen aktuell diskutierten "Umsetzungsmodellen" gibt. Deren Besonderheit wird in dieser Ausgabe nicht weiter ausgeführt, da es vermutlich die Zielgruppe "Einsteiger" gedanklich schnell abhängen würde. Doch zumindest einen Satz hätte ich mir gewünscht. Es wäre zu schade, wenn der Leser diese Schlagworte liest und nichts verbinden kann.
Gegen Ende des Buchs finden sich Vorschläge für Checklisten und weiteres Erläuterungsmaterial als Beispielumsetzung.
Metriken, Tickettemplates, Akzeptanzkriterien, unterstützende Implementierung und Automatisierung in Tools werden nicht im Buch detailliert. Insbesondere Projektstatusberichte wären ein Must-Have in diesem Buch gewesen.
In den Leseempfehlungen, die das Buch abrunden, vermisse ich das Spotify Modell, welches zuvor erwähnt wurde.
Wenn ich mich in einen klassischen Projektmanager versetze, der wird gut mit Buchaufbau zurechtkommen. Er wird schlussfolgern, agiles Projektmanagement ist auch nur ein Wasserfall-Projekt, wo agile Techniken und Rollen in aufeinanderfolgenden Phasen organisiert sind. Unter der Annahme, dass der Autor dies nur vereinfacht aus didaktischen Gründen so umgesetzt hat, vergebe ich knappe vier Sterne für den Buchinhalt.
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