Dienstag, 8. Dezember 2020

Irrassu: Das Sanatorium

Die rund 80 Buchseiten von "Irrassu" von Pascal Etienne Harm haben mich nach dem Lesen länger beschäftigt als das Lesen selbst. Es war in der Tat sehr kurzweilig und spannend geschrieben.

Ich habe gleich mal recherchiert, ob es das Sanatorium zu kaufen gibt, aber ich habe es nicht gefunden. Ich bin nur auf die Songtitel "Erasure" gestoßen. Erasure ist englisch und steht für ‚Löschung', ‚Tilgung', ‚Ausradierung'). Genuschelt auf Fränkisch klingt das so ähnlich wie IRRASSU. Tatsächlich geht es im Buch, um das Loswerden um psychotische Erkrankung.

Für die meisten Leser ist es sicherlich mehr als ein Abenteuer, ein Abenteuer ein Sanatorium zu besuchen. Unvorstellbar ist es, sich selbst freiwillig in Behandlung zu begeben. Schnell werden wir als verrückt und wahnsinnig von unserem Bekannten und Verwandten klassifiziert. Als Extremsportler höre ich das noch öfter als der Durchschnitt. Anders zu sein, möglicherweise in seiner Welt zu leben, ist doch nichts Schlechtes, oder? Es macht zumindest diejenigen krank, die es nicht verstehen, nachvollziehen und sich Sorgen machen.

In dem Buch begibt sich jedenfalls ein Mann freiwillig in ein abgeschiedenes Sanatorium zur Behandlung. Wir wissen nicht genau warum, aber vermutlich ist es auch nebensächlich für die Haupthandlung. Eigentlich ist die Haupthandlung auch nebensächlich, aber das werdet ihr schon sehen. Als Leser spüren wir, dass sich der Mann, die Pfleger, die Angestellten merkwürdig verhalten. Aber haben wir etwas anderes erwartet?

Das Buch nimmt nachdem wir das Leben im Sanatorium, die Räumlichkeiten, die Möglichkeiten zur Flucht kennengelernt haben, einen überraschenden Verlauf.

Leser, die ganz unvoreingenommen ins Buch einsteigen wollen, empfehle ich die nachfolgenden Zeilen mit meiner Interpretation später zu lesen. Sie sind notwendig, um zu begründen, warum ich zu einer sehr guten Bewertung gekommen bin.

Die Hauptfigur ein Mann, hat sich offenbar in die eigene Welt, ein Sanatorium zurückgezogen. Er hat Hoffnung, dass er dort nicht lange verweilen muss. Der Mann sieht, dass eine Patientin ein ähnliches Problem hat, wie er selbst. Unerwarteter Verlust einer geliebten Person. Er spürt wie verzweifelt sie ist und, dass sie Hilfe benötigt. Er selbst verschlimmert ihr Problem nur. Er kann ihr nicht helfen, aber er weiß, sich zu helfen. Er muss fliehen aus seiner Welt. Er nimmt am Ende Hilfe an, nachdem er durchgespielt hat, wohin Rückzug, Selbstmitleid, sowie Depression führen. Vielleicht wird dem armen Kerl auch eine Sporttherapie verordnet. Es ist ihm zu wünschen. Mein Glaube an Medikamente hält sich stark in Grenzen. Sie zerstören mehr als sie helfen. Es gibt eine natürliche Ursache, warum uns Dinge aus der Bahn werden, wir sollten auf natürliche Weise auch wieder zu uns zurückfinden. Selbst wenn Bindungen schmerzhaft zusammenbrechen, so ist das der Lauf des Lebens. Selbstreflexion und Übertragung des Problems auf eine fiktive Personen, die wir dann in unserer Vorstellung kennenlernen, mögen zur Selbstheilung führen.

Das Buch ist sehr atmosphärisch geschrieben. Es gibt schon viele Bücher, die sich mit vermeintlich irren und wirren Patienten beschäftigen und wo die Pfleger und Ärzte nicht gut weg kommen. Oft werden die Patienten so dargestellt, dass sie gegen ihren Willen eingesperrt sind und eigentlich nicht hier sein sollten. Wie dem auch sei, der Weg in ein Sanatorium ist leicht, aber heraus? Sind wir nicht alle ein wenig verrückt? Das Buch ist es auf jeden Fall und ich habe es jetzt sicher verschlossen. Keine kommt da mehr raus oder rein. Ihr müsst schon Euer eigenes IRRASSU finden.

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