Freitag, 31. Januar 2020

Joschka Fischer - Mein langer Lauf zu mir selbst (und wieder weg)

Das Buch von Joschka Fischer ließt sich sehr schnell durchlesen. Es skizziert seinen Einstieg als Jogger und behandelt ausgiebig, wie wohl er sich dabei gefühlt hat. Im Buch ist ein individueller  Rahmentrainingsplan von Herbert Steffny enthalten. Darin wird sein Lauftraining mit Fußball kombiniert. Meine Empfehlung ist nicht, eine solche Kombination zu wählen. Laufsport sollte mit einem Ausgleichtraining kombiniert werden, der andere Muskelgruppen aktiviert. Krafttraining,  Gymnastik, Radsport und Schwimmen wären anzuratende Ausgleichssport für ambitionierte Läufer.

Störend finde ich seine hämischen Kommentare im Buch gegen die Voraussagen der Beobachter bezüglich der Voraussage des Scheiterns seines Abnehmversuchs. Wir wissen heute alle, dass der kurze Ausflug als Jogger länger als erwartet stattgefunden hat, aber der Grüne Politiker wenig nachhaltig sein Idealgewicht halten konnte. Man könnte fast unterstellen, die Motivation war, die Öffentlichkeit und Presse auf einem weiteren Kanal zu erreichen und den Inhalt für ein medienwirksames Buch zu sammeln. Laufen hat ein positives Images. Werbung nutzt gerne lachende Läufer in Top stylischem Outfit. Wenn ich anderen Läufern begegne, is selten Lachen im Gesicht geschrieben. Die meisten kämpfen mit sich selbst, manche sind verbissen, andere gleichgültig und abwesend.

Nach dem Marathon war bei Joschka Fischer die Luft raus. Was sollte er jetzt, da er im läuferischen Olymp angekommen war, noch erreichen?

Das ist die Frage eines Joggers, der noch nicht die Bedeutung von Ausdauer verstanden hat. Ausdauer bedeutet nicht, möglichst eine lange Strecke wie beim Marathon zu laufen. Jeder Mensch schafft es, wenn auch unter Schmerzen und unter Voraussetzung eines eines äußeren Anreizes. Bei mir war es die Übernahme der Startgebühren bei meinem ersten Marathon.

Das Marathonziel zu erreichen sagt nichts über die Ausdauer eines Menschen aus. Ausdauer ist, wenn der Läufer über Jahrzehnte seinen Körper trainiert und sich Tag für Tag erneut motiviert aktiv zu sein und sich entsprechend gesund ernährt. Ausdauer wird meist gestützt durch Leidenschaft im doppeldeutigen Sinne. Es bedeutet raus aus der Komfortzone, aber auch mit Herzblut dabei zu sein.

Ein Blick auf Bilder von Joschka Fischer verrät uns heute: Leidenschaft für den Laufsport und damit intrinsische Motivation hat er nicht entwickeln können. Getrieben wurde er extrinsisch durch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die auf ein "Versagen" lauerte. Im unbeobachteten fortgeschrittenen Alter verfiel er zurück in den ungesunden Lebensstil. Jedes Lebensalter hat sein Gewicht, meint er im Buch. Das war auch bei mir so, wenngleich nicht ganz so dramatisch. Doch ich weiß, dass ich die Leidenschaft im Blut habe und im Alter alles versuchen werde, um der Nachwelt nicht zuviele schwer zu entsorgende Pfunde von mir zu hinterlassen.

Einen Satz im Buch unterstreiche ich: "Laufen ist durch unsere Biologie bestimmt und eben keine Sucht". Damit meint er, dass unser Körper Bewegung braucht. Jeden Tag, ein Leben lang, besser noch mehrmals über den Tag verteilt.

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