Sonntag, 18. Februar 2024

Der Tunnelbauer von Maja Nielsen

Es ist schon beeindruckend, wie schnell ein Staat agieren kann, wenn er will. Zack, steht die Mauer. Es wird völlig unterschätzt, was sich ein Staat für ansurde menschenverachtende Maßnahmen ausdenkt. Ein Regime welches durch Angstverbreitung die Leute ruhig stellt. Fans des Systems kommen auf den ersten Seiten nicht zu Wort. Ohne diese Stützen wären dem Staat die Hände gebunden. Vom Systemgegner zum Spitzel, das ging offenbar schnell - im geschilderten Fall im Buch unfreiwillig. Ich vermute, dass auch ein Großteil Gefallen daran gefunden hat, für die Stasi zu arbeiten. Einen solchen Charakter lernen wir dann auch kennen.

Das Buch macht durch einzelne Szenen, Geschichte wieder lebendig und anschaulich. Vielleicht prägen sich solche Geschichten zur Geschichte sogar besser ein, als ein klassisches Schulbuch. Dabei ist es ja auch Schulbuch konzipiert mit dem ebenfalls verfügbaren Unterrichtsmaterial.


Obwohl das System so ausgeklügelt und durchtrieben war, hat sich ein anderes System trotz Bollwerk durchgesetzt. Ende gut, alles gut?


Im Buch geht es weniger um Politik, sondern um Familien, die zerissen zwischen zwei Systemen ist, bespitzelt werden und trotzdem neue Wege zu suchen für ihre familäre Einigkeit, Recht und Freiheit.


Der Tunnelbauanschnitt fällt überraschend kurz aus. Ich hätte aufgrund des Covers, der Bilder, des Titels gedacht, dass der Bau, die Herausforderung, die eingesetzte Technik und Werkzeuge mehr thematisiert wird. Es bedarf doch einige Ausdauer solche Erdarbeiten zu machen. 

Es ist ja toll, dass es so einen Zusammenhalt gibt. Soviel gegraben, um an die Liebste zu kommen.


Die Tunnelgrabung wurde vermutlich aufgrund der Dramaturgie zusammengestrichen. Also Bankräuber finden in diesem Buch keine praktische Anleitung.


Ein paar Abschnitte geben mir Rätsel auf. Es ist schon komisch mit dem Tunnel bei irgendjemanden im Keller aufzutauchen und die Bewohner bekommen nichts mit, oder war das Gebäude leerstehend, waren sie eingeweiht?

Sind die Gefängnisse nicht alle etwas überlastet gewesen, wenn kleinste Vergehen und Hineintappen in die von der Stasi gestellte Fallen, bereits zu hhohen Haftstrafen führen?


Das Buch ist ziemlich schnell gelesen. Die Erlebnisse werden kurz und knapp ausgeführt. Mitunter entsteht bei mir der Eindruck, dass hier ziemlich gekürzt wurde, um den Spannungsbogen nicht durch zuviel Nebensächlichkeiten abreißen zu lassen. Durch Szenenwechsel erhalten wir kurze Einblicke in entscheidene Phasen im jungen Leben der Protagonisten. Etwas mehr Inhalt hätte dem Buch gutgestanden. 

Vieles von dem was ich vermisse wurde im Personenverzeichnis, Geschichts-Chronologie und Stichwortverzeichnis nachgereicht.

Grundsätzlich fühlte ich mich durch die Geschichte unterhalten, was auf mich aufgrund des ernsten Hintergrunds und mit dem Wissen um die wahre Gegebenheit unpassend wirkt. Das Buch ist wie eine Abenteuererzählung geschrieben. Doch dadurch hat es auch Chancen ein breitere Leserschaft zu erreichen.

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