Sonntag, 30. Januar 2022

Sonnenschatten: Die Chroniken von Ereos 1 von Benjamin Keck

Zu Beginn des Buches findet Ihr eine Karte auf der ihr im Verlauf des Buches, die bereisten oder erwähnten Orte nachvollziehen könnt. Auf Facebook hat der Autor Benjamin Keck die bunte Karte geteilt, die wir auch zoomen können. Am Ende des Buches gibt es ein Personenregister.

Ich habe bereits Tul gelesen und kenne Evva bereits. Bevor ich zum ersten Teil der Chroniken von Ereos gelange, las ich die Vorgeschichte "Agnons Schicksal". Sie spielt zeitlich nach Tul. Es geht schon turbulent zu bis Agnon ein Fass mit eiskalten Wasser zum Überlaufen bringt. Die Gruppe mit der geheimnisvollen Atera, dem schlagfertigen Nordmann Delon, der diebischen Evva und dem Ritter der Enterbten Agnon ist irgendwo in Treos unterwegs, um ... so genau weiß ich es noch nicht. Jedes Kapitel wird mit einem historischen Zitat oder einer dunklen Vorahnung eingeleitet. Agnon zieht Schwierigkeiten an sich, wie Motten das Licht. Ein Toter im Bett zum Beispiel. Hauptsache das Frühstück findet statt. Wir müssen die Derbheit mit der heutigen Aufgeregtheit bewerten, wo ein Gasthaus mit schief hängenden Tavernenschild schon Abzüge im Restaurantführer bekommen würde. Andere Zeit, anderer Kontinent und vor allem andere Sitten. Es ist Mittelalter-Fantasy und das ist nicht abwertend gemeint. Zudem gewürzt mit Magie, Kult, Götter und Humor.

Wir als Leser erfahren durch die unterschiedlichen Handlungsstränge und Zwischenspiele mehr, wie der Hase läuft als unsere Helden. Dadurch wird es scheinbar vorhersehbar was passiert. Doch manchmal kommt es anders, als man denkt.

In Teil 1 Sonnenschatten lernen wir Sha, den Dünenbändiger und sein introvertiertes Kamel kennen. Die Wege von Sha und das Gespann Evva und Delon kreuzen sich. Wie sich Evva gewandelt hat, von einer diebischen Elster zu einer Berserkerin. Noch schlimmer ist ihr Freund Delon, der wie eine Axt im Walde agiert. Da wirkt es schon gerade zu komisch, wenn die Truppe feststellt: "Alles Verrückte hier!". Lustig fand ich die Szene im Fluss mit dem Gejammere, Wasser von innen, was von links, Wasser von rechts, Wasser von oben. Sauber, erinnert mich an Forrest Gump.

In dem ersten Teil steckt soviel Fantasie, dass es schwer vorauszusagen ist, was als nächstes passiert. Noch ein Dejavu hatte ich mit den neun Schatten, die mich verdammt an die neun Ringgeister von Herrn der Ringe erinnern. Ebenfalls die Sprüche "Zum Euref" oder "Beim Teutertes" bei Asterix und Obelix.

Blutig wird es in der Ausbildungsstätte der Schatten. Aber trotz aller Opfer gewinnt auch hier die Menschlichkeit. Nicht jeder ist abgrundtief böse, wie er erscheint. Der Autor schafft es, absonderliche bis abscheuliche Taten so in eine geordnete Ausbildungskulisse zu versetzen, dass es schon merkwürdigerweise normal und selbstverständlich wirkt. Ich kenne den Stil bereits von dem Romanen "Tul" und "Die ersten Monate". Benjamin Keck ist ein Autor, der die Schattenseiten des Lebens ausleuchtet und mit Leben füllt. Im Grunde zeigen die Geschichten, dass Menschen trotz Wahnsinn und Abgründen leben. Vor allem die, die das Gesellschaftssystem zu nutzen verstehen und in ihrem Inneren eine rudimentäre Ethik bewahren.

In jeder Romanfigur steckt Yin und Yang. In jedem Charakter steckt zu gleichen Teilen Gutes wie Schlechtes und in jedem Guten Anteil ist etwas Schlechtes und umgekehrt. So steckt auch in dem Buch Gutes und Schlechtes. Für meinen Geschmack war die Brutalität weniger unterhaltsam, ich hatte mehr Spaß an den phantasievollen Ereignissen, Örtlichkeiten und Gegebenheiten. Dadurch gelingt es, ein wenig Sympathie für die Diebe, Assassine, Berserker und Narren in dieser surrealen Welt zu empfinden. Wir können gut aus ihrem Werdegang nachvollziehen, warum Täter, so wurden, wie sie sind bzw. vortäuschen.

Dies auf eine unterhaltsame wie humorvolle Art so umzusetzen, ist die unnachahmliche Gabe des Autors. Ein funkelndes Goldstück fliegt für die Geschichte durch die Luft.

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