Dienstag, 14. September 2021

Introvertiert - Die leise Revolution von Linus Jonkman

Das Vorwort von "Introvertiert - Die leise Revolution" stellt die Besonderheiten von Introversion und ihrer Inkompatibilität in einer an extrovertierten Erwartungen regulieren Welt heraus. Kann ein Schriftsteller mit diesem Thema ein ganzes Buch füllen? Nun, es geht hier nicht allein nur um Introvertierte, sondern auch um Extrovertierte.

Schafft der Autor es, dass der Leser bis zum Ende durchhält?

Der Autor Linus Jonkman verfügt über einen leicht verständlichen, lockeren Schreibstil und würzt die Inhalte mit persönlichen Anekdoten, recherchierten Fakten und Vergleichen.

Der Einstieg in das Buch fällt somit leicht.

Jeder, der das Vorwort liest, will sofort introvertiert sein.

Der Autor pointiert: Extrovertierten gehört die Bartheke, Introvertierten der Gedanke und eine grenzenlose Welt. Ob dieses Schubladendenken wirklich in allen Fällen hilft. Nun, es gibt auch ambivertierte und ambivalente Menschen.

Zu Beginn hatte ich mir folgende Fragen gestellt:

Sind Introvertierte in der Minderheit, oder fallen sie nur nicht auf? Sind die Autoren, die über Introversion schreiben, nicht eigentlich extrovertiert?

Und ist ein Bestseller aus Schweden in deutscher Übersetzung leise? Ohne Öffentlichkeit keine Revolution.

Nicht unberücksicht bleibt in diesem Buch der Umstand, dass sich Extroversion trainieren lässt und somit Introvertierte auch teilweise einer extroventierten Erwartungshaltung entsprechen können. Aber wollen sie das und wäre das geschickt? Mir wird hier bewusst gemacht, dass die typischen Thesen des Arbeitslebens nicht bei jedem Mitarbeiter auf Gegenliebe stoßen: Großraumbüro, gemeinsames Arbeiten in Teams, Dienstreisen, Komfortzone verlassen. All dies führe häufig dazu, viel zu reden und wenig zu arbeiten.

Der Autor selbst erzählt aus seinem Leben als Introvertierter, wie er diese unvermeidbaren Begegnungen und Auftritte persönlich sieht. Unwohl ist ihm in seiner Haut in einer Gesellschaft und dazu muss noch nicht einmal jemand schuld sein.

Besonders gefallen hat mir auch der Bezug zu Persönlichkeiten, die wir alle kennen. Naja, fast alle und vermutlich so von ihrer introvertierten Seite überhaupt nicht.

Wenn ich das Buch so hintereinander weg lese, dann fühle ich mich an Forest Gump erinnert: Regen von unten, Regen von oben, Regen von der Seite... Irgendwann kringeln sich meine Gehirnzelle bei soviel introvertiert in den Abschnitten und Überschriften. Alles lieber Extro oder was?
Nein, Diversität bei Menschen sei wichtig.

Ich merke, wie sorfältig, strukturiert und umfassend der Autor seinen eigenen Charakter erforscht hat und mit seiner Darlegung uns Leser teilhaben lässt. Zum Ende eines jeden Kapitels werden die wichtigsten Erkenntnisse aus Sicht des Autors zusammengefasst.

Jedes Kapitel wirft interessante Fragestellungen auf, wie z.B ob nur Extrovertierte die Gabe der Rede haben. Sind es nicht die Introvertierten, die diese Reden vorbereiten, schießt es mir in den Sinn. Okay, nicht bei allen, manche laufen lieber selbst und bewusst von Skandal bis ins Fettnäpfchen.

Ich bin nicht von der These überzeugt, dass alle Introvertierten gute Schreiberlinge sind, wie der Autor. Es ist eine Gabe. Jeder kann sie besitzen, oder nicht.

Das Buch versteht sich als Ratgeber. Es gibt sogar einen ungewöhnlichen Survival Guide mit Tipps, die wir garantiert nicht in klassischen Führungskräfte-, Teambildungs-, Präsentations- und Moderationstechnik-Literatur finden.

Das Buch wird angerundet durch einen Testfragenkatalog, um den eigenen Typ zu ermitteln. Weitergehend gibt es ein Literaturverzeichnis, welches nach Themen geordnet ist zur besseren Orientierung und Zuordnung der Quellenangabe.

Wo aber ist die Revolution? Vermutlich ist der Klassenkampf noch in Vorbereitung. Sicher ist, die Revolution findet nicht in dem Buch statt, sondern durch uns Leser, die nun wissen, dass "Introvertiert" eine Klasse für sich ist. Und nur Introvertierte erkennen die Dreifachdeutigkeit dieser Behauptung.

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