Dienstag, 31. August 2021

Müller: Ein Psychogramm von Christian Knoche

Wer therapiert wen?

Es fängt an mit einem Selbstgespräch von Robert Müller. Wobei, ist es vielmehr ein Gespräch mit uns Lesern, oder nur der Psychologin? Egal, Robert Müller versteht seine Psychologin nicht und worauf sie hinaus will. Daher muss er weit ausholen und kommt daher von Hölzchen auf's Stöckchen. Seine Strategie alle zu vereinnahmen, dabei fühlt er nichts. Meint er. Er versucht seine Zuhörer zu therapieren. Und es gelingt, ich fange an mir Fragen zu stellen:
Wer ist das Opfer? Der Täter, der eigentlich Opfer ist, der die Täter zum Opfer macht?!
Nimmt die Justiz Täter in Schutz und entscheidet im Zweifel für den Angeklagten. Kann Selbstjustiz ein Mittel sein? Laufen Hilfeleistende, wie die Psychiaterin, Gefahr, zum Opfer zu werden. Kann sie helfen? Ist irgendjemanden zu helfen? Wegsperren, die Opfer, die Täter, am besten alle zusammen... Das Darwin'sche Prinzip wird's richten. Täter richten Täter und irgendwie sind alle Opfer.
Das Buch macht darauf aufmerksam, wie schnell ein geregeltes Leben von gut situierten Menschen durch ein Ereignis, welches sie nicht beeinflussen konnten, aus den Fugen geraten kann. Eine Abwärtsspirale ist leichter beschritten als wieder aufwärts. Zugpferd der abwärtsführenden Aktionen ist das Streben nach Gerechtigkeit, oder in anderen Augen Vergeltung und Rache. Was muss ein Mensch aushalten, was sollte er sich nicht gefallen lassen? Wie muss sich die Gesellschaft aufstellen, um Täter zu bestrafen und nicht die Opfer? Wie wird ein Richter entscheiden, wenn ein Opfer auch Täter ist? Und wie können wir eine persönliche emotionale Verwicklung vermeiden - ich meine zum einen notwendiges Mitleid und Mitgefühl aufbringen, um die Situation einzuschätzen und auf der anderen Seite Abstand, damit es uns nicht runterzieht.Und am Ende ist alles gut? Das Buch liefert keine Antworten und macht mich zum Opfer. Ich hätte mir eine neue Erkenntnis oder Unterhaltungswert gewünscht, gerade mit dem direkten Vergleich zum "Todesengel". Einen ähnlichen Hintergrund hatte ich bereits gelesen in dem Buch "Todesengel" von Eschbach. Das Buch von Christian Knoche ist deutlich kürzer mit etwas über 200 Seiten.

Zusammenfassend ergibt sich eine Gesamtbewertung von vier Sternen für die Sensibilisierung eines schwierigen Themas. Vielleicht gelingt es einem Leser ja, einige der gestellten Fragen zu beantworten, wo uns das Buch bewusst alleine lässt.

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