Auf das Leben geradeaus zugehen und genießen
Die abwechslungsreiche Geschichte nimmt seinen Lauf als Quentin den Teil seines Verstandes verlor, der ihm normalerweise die Welt erklärte. Das ist bereits außergewöhnlich, denn im Grunde behauptet fast jeder, er könne die Welt erklären. Quentin kann es nicht mehr.
Quentin ist ordnungsliebend und bemüht sich, ruhig zu bleiben. Für einen Mann ist es eine schreckliche Aufgabe, Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Unterwegs liest er einen verhängnisvollen Werbespruch, der ihm nahelegt, er solle Urlaub vom Selbst machen. Sein bisheriges Leben mit Verstand ändert sich urplötzlich, der Verstand macht sich auf die Socken und ist erst einmal weg.
Von nun an muss er ohne Verstand in unserer komplexen Welt zurecht kommen. Das Interessante an der Geschichte ist, dass sie uns Lesern vor Augen führt, dass Quentin trotzdem alles richtig macht, obwohl jeder mit Verstand, sein Verhalten für falsch erklären würde. Wir lernen, dass es unerheblich ist, sich über richtig oder falsch Gedanken zu machen. Was für den einen Mensch richtig ist, ist für den anderen falsch. Das liegt daran, dass jeder anders ist.
Das erinnerte mich an Song von Herbert Grönemeyer, der im Grunde die Einstellung von Quentin ganz gut beschrieb:
"Momentan ist richtig
Momentan ist gut
Nichts ist wirklich wichtig
Nach der Ebbe kommt die Flut
Am Strand des Lebens
Ohne Grund, ohne Verstand
Ist nichts vergebens
Ich bau' die Träume auf den Sand"
Quentin inspiriert und verändert die Leben anderer mit seiner Andersartigkeit. Dabei gibt es für ihn keine Möglichkeit zur Kontrolle. Er entwickelt eine ganz eigene Lebensphilosophie: Wer Dinge hat, die er nicht braucht, sollte sie abgeben an dem, der sie braucht. Ein schöner Gedanke alles zu teilen. Doch aus eigener Wahrnehmung verteilen wir oft leidenschaftlich Dinge, die andere auch nicht brauchen können.
Abwechselnd gibt es in der Handlung Rückblicke in Quentins Kindheit und die Gegenwart. Beeindruckend ist, dass Quentin sich nicht von den Menschen zurückzieht, weil er weiß, dass er anders sind und keinen Verstand hat. Das macht ihn irgendwie intelligent. Diese Intelligenz äußert sich darin, dass er die "Weisheit" von anderen sucht, intuitiv nutzt und im Ergebnis selbstlos handelt: Gib, wenn Du kannst, nehme, wenn Du musst. Mit diesem Motto stehen ihm auf einmal Türen offen, die vorher gar nicht da sein sollten.
Die Autorin Anna Buchwinkel hatte es leicht, so ein außergewöhnliches Buch zu schreiben, denn über nichts lässt sich so gut schreiben, wie über Andersartigkeit. Durch die Andersartigkeit wird jedes Lebewesen und jede Pflanze wertvoll. Aber gilt das für jedes Buch? Das steht auf einem anderen Palmblatt.
Dieses Werk hier ist voller wertiger Denkanstöße mit Hand und Fuß, bekleidet mit oder ohne Socken. Durch seinen Unterhaltungswert, der Vielseitigkeit, aber auch Tiefgründigkeit finden Leser mit und ohne Sockenschuss stets etwas, was sie aus den Socken haut. Dafür gibt es von mir, der ganz von Socken ist, 6 einzelne Socken. Dies übertrifft die Skala von maximal möglichen 5 Buch- Bewertungssternen bei weitem.
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