Montag, 19. Dezember 2016

Zeitreise in das Sportjahr 1987

Alte Bücher sind wie eine Zeitreise. Im Bücherregal habe ich ein Buch gefunden zu den Sporthöhepunkten von 1987. Adidas Fans wissen: 1987 ist Horst Dassler gestorben. Eigentlich kein Höhepunkt, trotzdem erwähnenswert weil er die Sportwelt zu Lebzeiten mit geprägt hat.

 
 
Wie sah die Sportwelt vor 30 Jahren aus?
 
In dem Buch finden sich Themen, die heute nach wie vor aktuell sind:
 
"Der Athletenkörper darf kein Experimentierfeld der Pharmazie sein", schreibt Heidi Müller. Heute ist der Athletenkörper kein Experimentierfeld mehr, sondern jeder Spritze und Tablette hat eine genau definierte Wirkung.
 
Auch dies hat seine Gültigkeit: "Das Fernsehen macht die Sieger zu weltbekannten Persönlichkeiten ... und damit zu ungeheuer wirksamen Werbeträgern. Der Spitzensport ist zum Big Business geworden." Und das ist er immer noch. Doch vereinzelt wenden sich Zuschauer nun angewidert ab. Der Spitzensport verliert mehr und mehr an Glaubwürdigkeit und ist längst nicht mehr der Motor für den Breitensport.
 
Spitzensportler haben Angst - die Angst zu versagen. Diese führt dazu, dass die Athleten verführt werden zur Unfairneß.
 
"Eine Gefahr bestehe darin, dass zu viele und oft die Falschen sich am Sport bereichern."
 
Die deklarieren Sieger werden von den Medien als "Helden" und "Götter" bezeichnet. Die Berichterstatter merken gar nicht, wie das Publikum gegenüber künstlichen Übertreibungen und die Inflation der Superlative langsam abstumpft. Ein wahres Idol bleibt lange in Erinnerung. Um ein Idol zu werden, muss man nicht unbedingt andauernd Erfolge nachweisen. Es reicht wenn ein Idol anders ist oder sich anders gibt. Von den Medien wurde damals jedes sportliche Einmalwunder übertrieben gefeiert. Ich beobachte, dass der Spitzensport mehr und mehr seine charismatischen Charakterpersönlichkeiten verliert, die eine Sportart prägen.
 
Steffi Graf und Boris Becker, das waren 1987 Idole, die die Sportart "Tennis" zu einem Höhenflug des Tennis-Interesses in Deutschland verhalf. Tennis ist dieser Tage wieder eine Nischensportart.
 
Willy Ph. Knecht schreibt: "Es mag zutreffen, dass im Sport der Bundesrepublik Deutschland derzeit ein generelles Defizit an Siegertypen besteht. Doch falls dem so ist, muss gefragt werden, warum das System der Über-Planung, der Über-Organisation und der Über-Strukturen nicht in der Lage ist, Siegertypen hervorzubringen.".
 
Das mag daran liegen, dass die meisten deutschen Athleten sauber sind und es in Deutschland attraktivere Verdienstmöglichkeiten gibt als den Sport.
 
Es herrscht jedoch ein Umdenken in allen Sportarten. Aktive schauen immer weniger auf die Ausnahmegestalten des Sports, die damals einen Sport beliebt machten und zur Nacheiferung aufforderten. Heute tut es bereits ein App, wie die adidas miCoach Train & Run. Für viele Läufer, die beispielsweise bei einem Marathon starten, zählt Mitmachen vor Siegen.
 
30 Jahre Sportgeschichte sind seit 1987 vergangen und wir haben immer noch die gleichen Probleme von damals. Sportler sind halt leidensfähig. Ich habe die Vermutung, dass im Jahrbuch 2047 ähnliche Systemkritik an den Sport stehen wird. Nur Lösungen hat keiner. Warum auch? Wir sind Helden des Alltags, was kümmern uns andere Helden. Jeder ist seines Glückes Schmied.
Vielleicht wird jemand in Zukunft daran erinnert, denn dieses Buch mit Geschichten aus der Vergangenheit stelle ich demnächst wieder in ein anderes Bücherregal mit einem kleinen Vermerk auf den Beitrag hier.

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