Alte
Bücher sind wie eine Zeitreise. Im Bücherregal habe ich ein Buch
gefunden zu den Sporthöhepunkten von 1987. Adidas Fans wissen: 1987 ist
Horst Dassler gestorben. Eigentlich kein Höhepunkt, trotzdem
erwähnenswert weil er die Sportwelt zu Lebzeiten mit geprägt hat.
Wie sah die Sportwelt vor 30 Jahren aus?
In dem Buch finden sich Themen, die heute nach wie vor aktuell sind:
"Der
Athletenkörper darf kein Experimentierfeld der Pharmazie sein",
schreibt Heidi Müller. Heute ist der Athletenkörper kein
Experimentierfeld mehr, sondern jeder Spritze und Tablette hat eine
genau definierte Wirkung.
Auch
dies hat seine Gültigkeit: "Das Fernsehen macht die Sieger zu
weltbekannten Persönlichkeiten ... und damit zu ungeheuer wirksamen
Werbeträgern. Der Spitzensport ist zum Big Business geworden." Und das
ist er immer noch. Doch vereinzelt wenden sich Zuschauer nun angewidert
ab. Der Spitzensport verliert mehr und mehr an Glaubwürdigkeit und ist
längst nicht mehr der Motor für den Breitensport.
Spitzensportler haben Angst - die Angst zu versagen. Diese führt dazu, dass die Athleten verführt werden zur Unfairneß.
"Eine Gefahr bestehe darin, dass zu viele und oft die Falschen sich am Sport bereichern."
Die
deklarieren Sieger werden von den Medien als "Helden" und "Götter"
bezeichnet. Die Berichterstatter merken gar nicht, wie das Publikum
gegenüber künstlichen Übertreibungen und die Inflation der Superlative
langsam abstumpft. Ein wahres Idol bleibt lange in Erinnerung. Um ein
Idol zu werden, muss man nicht unbedingt andauernd Erfolge nachweisen.
Es reicht wenn ein Idol anders ist oder sich anders gibt. Von den Medien
wurde damals jedes sportliche Einmalwunder übertrieben gefeiert. Ich
beobachte, dass der Spitzensport mehr und mehr seine charismatischen
Charakterpersönlichkeiten verliert, die eine Sportart prägen.
Steffi
Graf und Boris Becker, das waren 1987 Idole, die die Sportart "Tennis"
zu einem Höhenflug des Tennis-Interesses in Deutschland verhalf. Tennis
ist dieser Tage wieder eine Nischensportart.
Willy
Ph. Knecht schreibt: "Es mag zutreffen, dass im Sport der
Bundesrepublik Deutschland derzeit ein generelles Defizit an Siegertypen
besteht. Doch falls dem so ist, muss gefragt werden, warum das System
der Über-Planung, der Über-Organisation und der Über-Strukturen nicht in
der Lage ist, Siegertypen hervorzubringen.".
Das
mag daran liegen, dass die meisten deutschen Athleten sauber sind und
es in Deutschland attraktivere Verdienstmöglichkeiten gibt als den
Sport.
Es
herrscht jedoch ein Umdenken in allen Sportarten. Aktive schauen immer
weniger auf die Ausnahmegestalten des Sports, die damals einen Sport
beliebt machten und zur Nacheiferung aufforderten. Heute tut es bereits
ein App, wie die adidas miCoach Train & Run. Für viele Läufer, die
beispielsweise bei einem Marathon starten, zählt Mitmachen vor Siegen.
30
Jahre Sportgeschichte sind seit 1987 vergangen und wir haben immer noch
die gleichen Probleme von damals. Sportler sind halt leidensfähig. Ich
habe die Vermutung, dass im Jahrbuch 2047 ähnliche Systemkritik an den
Sport stehen wird. Nur Lösungen hat keiner. Warum auch? Wir sind Helden
des Alltags, was kümmern uns andere Helden. Jeder ist seines Glückes
Schmied.
Vielleicht wird jemand in
Zukunft daran erinnert, denn dieses Buch mit Geschichten aus der
Vergangenheit stelle ich demnächst wieder in ein anderes Bücherregal mit
einem kleinen Vermerk auf den Beitrag hier.
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