Warum sollte jemand Zeit und Geld investieren, um Texte schreiben zu können. Lernen wir das nicht in der ersten Klasse? Oder zumindest in der zweiten? Nein, wir lernen zu verstehen, zu interpretieren, zusammenzufassen, auswendig zu lernen, aber kreative oder biografische Texte, an die wir uns ein Leben lang erinnern, entstehen dabei nicht. Auch keine biografischen Texte.
Andrea Hahnfeld schildert umfänglich, wie es dazu kam, sich wissenschaftlich dem Biografischen und Kreativen Schreiben zu widmen und einen entsprechenden Studiengang zu absolvieren. Wir bekommen hier Kurzgeschichten, Gedichte, Interpretationen und Hintergrundinfo. Im Buch steht, es sei kein Ratgeber oder Lehrbuch und dennoch gibt es zum Schluss den Rat an uns, oder an mich, nicht ungebetenes Feedback zu geben. Und wenn schon Feedback, dann zu Aspekten, die der Autorin wichtig sind.
Was könnte eine Autorin wichtiger sein, als sie selbst? Nichts, daher gebe ich meine Wahrnehmung zu ihrer Person hier zum Besten. Was ich ihren Texten entnehme, ist, dass ihr entgegengebrachter Respekt zu ihren Texten, die aus Freude am Schreiben entstanden sind, wichtig ist. Ich lese aus dem einleitenden Zitat von Anne Rice "To write something, you have to risk making a fool of yourself."
heraus, dass sie eben nicht wie ein Fool wirken möchte. Wobei ich nicht verstehe, was daran schlecht ist ein Fool zu sein. Ich empfehle das Buch "Kartengeheimnis", der dem Narr eine besondere Bedeutung gibt.
Narr hin oder her, eine der Kurzgeschichten im Buch schildert, wie sich eine Autorin närrisch freut, als diese beobachtet, dass eine Frau ihr Buch gebannt liest und darüber ihre Arbeit vergisst.
Eingangs beschreibt Hahnfeld ihr Buch sei auch ein Mittel die eigene Vergangenheit festzuhalten.
Beide Motive finden sich explizit und implizit in den Texten wieder.
Sie gewährt aus ihrer persönlichen Sicht Einblicke in ihren Schreibprozess, ihre Zweifel und ihre Triumphe, und teilt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse mit einer erfrischenden Offenheit mit. Aber sie versteht sich auch selbst als jemanden, die im Glashaus sitzt.
Neben allen erzählten Schreibproben erfahren interessierte Leser viel von der ungewöhnlichen Ausbildung zur Autorin an der Alice Salomon Hochschule. Hahnfeld teilt ihre eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse mit. Damit sehe ich als Zielgruppe vor allem die, die sich für ein Studium des Kreativen Schreibens interessieren. Sie bietet einen Einblick in die Lehr-Module der Alice Salomon Hochschule.
Hahnfelds Leidenschaft für das Schreiben ist ansteckend, wodurch sie womöglich ein paar Leser stimuliert, ihre eigenen kreativen Projekte anzugehen. Die enthaltenen Übungen und Tipps mögen zusätzlich anspornen.
Die Buchstruktur macht es mir leicht etappenweise Abschnitte zu lesen.
Vertiefende eigene Recherche wird durch die Bereitstellung von weiterführenden Links und Literaturvorschlägen erleichtert.
Das Buch war abwechslungsreich durch die vielfältigen Schwerpunktthemen, die einen neuen Blickwinkel eröffneten für neue Textideen.
Wobei mir das Thema fehlte, zu erkennen, dass der Text, so wie er ist, perfekt wäre. Also nicht Masse, sondern Klasse ist.
Der Titel deutet schon an, dass die Autorin Tintenspuren hinterlässt, und es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass dies Werk im gewaltigen Tintenmeer nicht auffällt. Es wird in unserer Zeit so viel geschrieben und da muss ein Text schon genug Auftrieb haben, um nicht unterzugehen.
Man braucht schon ein bisschen Geduld, um wunderschöne Tintenspuren im Wasser zu erhalten. Sie sind einmalig, vergänglich und durch ihre tanzenden Figuren in feinen Strukturen ungeheuer faszinierend. Doch das Schauspiel ist irgendwann vorbei und zurück bleibt graues Wasser.
Zum kreativen Schreiben gehört meines Erachtens nicht Tinte, sondern KI. Das Thema wird ebenfalls nicht im Buch behandelt und platziert lediglich klassisch konservativen Ansätze. Kreativität und Effizienz sind beides Anforderungen auf die eine Universität vorbereiten sollte.
Was ich auch nicht gefunden habe: Wie wirkt ein Text, wenn er in eine andere Sprache übersetzt wurde, wird nicht beantwortet.
Es ist klar, dass es viele Themen gibt und die Autorin wählen muss, um den Buchrahmen nicht zu sprengen. Mich konnten, die gewählten Inhalte jedoch nicht zur Erwägung des erwähnten Studiengangs animieren. Es ist ja auch kein "Wünsch Dir was" Buch, sondern ein "So isses".
Das Buch bewerte ich zielgruppenbezogen. Ich denke für Studienanwärter könnte das Buch eine gute Vorbereitung sein. Und wenn Euch etwas fehlt, dann schreibt doch ein Buch.
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