Samstag, 3. Juni 2023

"Das letzte Spiel: Die Chroniken von Ereos 6" von Benjamin Keck

Leute, die nicht die Vorbände gelesen haben, finden sich sicherlich nicht rein in diese Geschichte.

Und Leser, die bereits bei den Vorbänden abgestorben, werden hier auch nicht glücklich. Es sind also beim Band 6 nur die hartgesottenen, übelsten Leser am Start, die bereits über viele Leichen gelesen haben. Mich würde nicht wundern, wenn der eine oder die andere Leserin aus Tul kommt.
Es ist schon eine skurille Welt mit noch skurilleren Gestalten. Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt. Der betrunkene Gott hatte sicherlich einen großen Beitrag zu diesem Werk. Wobei es doch Wiedererkennungswert und Struktur gibt. Es ist schon alles sehr stimmig, wobei als Delon durch das Fenster der Bäckerei ins Kampfgetümmel sprang, habe ich mich kurz gefragt, ob das nicht in Realität mehr Verwundung zufügen kann als 30 Assassinen. Schon einmal durchs geschlossene Fenster gesprungen?
Das Ganze spielt in so einer Art Mittelalter mit Drachen. Man darf nicht vergessen, dass es vermutlich in dem uns historisch überlieferten Mittelalter tatsächlich sehr blutig zugegangen war. Es ist hilfreich, sich gedanklich in so eine Zeit hineinzudenken, damit man nicht pikiert das Buch zur Seite legt. Dem Autor Benjamin Keck gelingt es, dieses Abtauchen leicht zu machen durch sehr bildhafte und lebendige Beschreibungen der Szenen.
Die Szenenwechsel zwischen kommen mir oft zu schnell. Da bin ich gerade in der einen Handlung drin, da geht es schon mit anderen Schlägertypen weiter. Das Buch ist etwas anstrengend für den, der jeden Schlag und Stich mitbekommen will. Ich habe irgendwann aufgehört die Leichen zu zählen. Scheint den Gott der Toten ja auch nicht zu interessieren. Ich habe 139 mal das Wort Blut gelesen. Warum nicht 142 mal? Man verhandelt nicht mit dem Tod, also 139 plus die vielen anderen Umschreibungen wie eine Auseinandersetzung enden kann. Nein, es ist mitnichten ein Vampir-Roman. Es ist eher ein Buch mit Schatten und Schattendienern. Ja und wer bereits selbst schräg drauf ist, kann sogar über die wahnsinnige Situation diebisch lachen, wie Evva. Evva ist mit der Grund, warum ich noch dabei bin. Ich habe sie in Tul kennengelernt. Doch seit Tul abgebrannt ist, hat sich viel verändert. Leider.
In diesem Buch kommen alle Helden und Götter wieder zusammen. Allein das Personenverzeichnis am Ende des Buches macht schon 4% des Gesamtumfangs von 515 Seiten aus. Es geht mit einem umfangreichen Rückblick los und startet gleich in medias res. Der Gott der Geheimnisse Giru hat mir gesagt, nicht soviel über den Inhalt zu verraten, daher fasse ich mich kurz und springe gleich zum Ende. Wobei mir auffällt, dass Giru so komisch grinst. Es ist mir ein großes Rätsel, was der so im Schilde führt.
Die Reihe endet mit diesem Buch, obwohl sie ewig fortgesetzt werden könnte. Giru meint, die Ewigkeit muss nicht immer ewig sein. Solange einer wacht, kann es kein Ende geben. Wie wahr, wie weise, sehr inspirierend. Ich muss in diesem Moment an die letzte Generation denken. Zerstörung ermöglicht einen Neuanfang mit Überlebenden, die nah am Rum gebaut sind und neue Götter anbeten. Und es ist gut, dass es einen jungen Mann gibt, der mit seinen vier Löffeln die Ursuppe schon auslöffeln wird. Ich fühle mich erleichtert, dass das schon mal klar ist. Die Buchreihe habe ich überlebt. Es war nicht leicht, aber ich bin ein Ausdauersportler. Selbst wenn die Welt zusammenbricht oder gerade neu entsteht, ich laufe und lese immer noch - mit und ohne Schatten.

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