Sonntag, 20. März 2022

Autorenwegweiser von Gerrit P. Cziehso

Das Buch "Autoren Wegweiser" habe ich gelesen, nicht um selbst Autor zu werden, sondern um zu erfahren, wie Autoren üblicherweise vorgehen, um ein neues Werk zu schaffen und zu vermarkten. Überdies hat mich interessiert, ob sich Methoden übertragen lassen auf meinen beruflichen Alltag. Autor von Texten sind wir ja bei Blog, Newsletter, Sozialen Medien, Email, Rezensionen quasi auch. Dafür braucht der Verfasser auch Ideen. Wie man Ideen generiert und auswählt wird im Buch thematisiert. Eine Methodik fehlt mir allerdings, Ideen kommen häufig beim Laufen mit einem Sauerstoff durchflutetem Hirn. Oder man fängt einfach an mit einem Standardsatz: Es war einmal ...

Der Autor Dr. Gerrit P. Cziehso bringt immer wieder Beispiele wie planvoll und strukturiert ein Buch nach und nach entwickelt werden kann. Es ist also kein Prozess, wo man sich hinsetzt und die Handlung aus dem Kopf nieder schreibt. Es gleicht eher einem Projekt, wo mindestens genauso soviel Aufwand in das Management fließt, wie in das eigentliche Schreiben.

Das Buch thematisiert Schreibblockaden. Mit dem Begriff hatte ich ausschliesslich verbunden, wenn einem Autor nichts mehr einfällt, wie es weitergehen soll. Das Buch betrachtet jedoch noch ein anderes Szenario, nämlich ein Buch zu lange liegen zu lassen, ohne daran weiter zu schreiben oder sich in Perfektionimus zu verlieren und damit den Vortrieb entlang eines vorentwickelten Plots zu verlieren. Zudem sei es wichtig, ganz klar zu wissen, warum man dieses Buch schreibt, um sich das bei Zweifel wieder vor Augen zu führen. Solche Tipps betrachte ich als sehr wertvoll, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein Buchprojekt einigen Zeitaufwand benötigt und die Ablenkung und der eigene Hang zur Perfektion stets sehr groß sind. Die große Frage ist, was wir zu opfern bereit sind und ob es das wert ist. Und das gilt für Autoren, die das Buch schreiben und auch für den Leser, der seine Zeit aufwendet.
Das Buch muss halt gescheit sein, damit es nicht umsonst war, sich damit zu beschäftigen.

Mit dem Wissen, wie man ein Buch schreibt, können wir auch Rezensionen so gestalten, dass Handwerksfehler von Autoren darin aufgedeckt werden. Oder man schreibt eine Rezension und baut ein wenig Dramatik oder Fantasie ein, denn auch demjenigen, der diese Zeilen liest stehlen wir die Zeit. Ob Buch schreiben oder sonst irgendwas, es soll unterhalten. Was Unterhaltung ist und wieviel man dadurch erreicht, ist natürlich an den Buchverkäufen erkennbar.

Das Buch "Autoren Wegweiser " verspricht im Untertitel, dass der Leser erfährt, wie man einen Roman schreibt und wie man diesen vermarktet. In der Tat ergibt sich dadurch auch das Seitenverhältnis: 
  •  1/4 Planung, 1/4 Schreiben und
  •  1/2 Vermarktung und Veröffentlichung.
Die Aussage zum Direktvertrieb, dass ein Buch im Direktvertrieb mit 4 Euro Preisaufschlag gegenüber dem Ladenverkaufspreis. Das Gegenteil ist der Fall, ein Buch mit Signatur ist tendenziel im Weiterverkauf nach Lesen weniger wert. Daher werden Leseexemplare mit persönlicher Widmung häufig an Probelesern und Influenzer mit Signatur herausgegeben, um dies weniger attraktiv zu machen. Bei einem Buch mit rund 260 Seiten kommen für meinen Anspruch Schreibtechniken etwas zu kurz. Für den Einstieg ist es jedoch ganz gut, um den Autoren vor Augen zu halten, dass sie mit einer Stillen-Kämmerlein-Entwicklung nicht weit kommen, sondern sie eher Klasssenclown-Allüren oder Cheerleader-Qualitäten entwickeln müssen, um aus der grauen Masse etwas Buntes in (die) Szene zu setzen. Das kostet Zeit und Geld, viel Zeit und Geld und die Frage steht im Raum, ist es das wert?

Ist das vorliegende Buch seinen Preis wert, fragte sich einst der Verlag, der Autor und jetzt ich als Leser. Ich sage ja, wohlwissend, dass es nicht sämtliche Fragen beantwortet, z.B. verschiedene Freeware Autorensysteme, oder Tipps und Tricks Atmospäre zu erzeugen, oder das richtige Level und Platzierung von Detailinformationen u.vm.. Wer Word als professionelles Autorenwerkzeug bezeichnet, hat nicht wirklich eine gute umfassende Übersicht präsentiert.

Der Autor bestätigt im Schlusswort, dass Vollständigkeit nicht seine Absicht war. Der Autor ergänzt das Buch noch mit Informationen, die einem per Buch-Zugangscode in einem Webportal zur Verfügung stehen. Was uns dort an Themen erwartet ist im Buch zum Schluss in der "Datenbank für Autoren" aufgeführt. Das finde ich sehr transparent, wenngleich es auch einschränkend ist, wenn weitere Infos hinzukommen sollen. Das im Buch nicht vollständig ausgeführte Schreibhandwerkswissen gibt dem Autor noch die Option, viele weitere lehrreiche fortgeschrittenere Bücher zu schreiben.

Ich habe den ehrlichen und flüssigen Stil des Wegweisers genossen und ich hoffe, dass nun mit dem Wissen, was auf sie zukommt, die Autoren nicht abgehalten oder entmutigt werden, den Weg als Autor zu Ende zu gehen. Es würde mir nicht auffallen, wenn ein brilliantes Buch unter den laut UNESCO veröffentlichten weltweit 4.900 Bücher pro Tag weniger im Handel wäre, das ist schon klar. Doch man kann es auch anders sehen, es gäbe nicht so viele Bücher, wenn es schwierig wäre, es zu veröffentlichen.

Zum Schluss gibt es im Buch noch eine praktische Zusammenfassung der Kapitel. Für Käufer, die noch unsicher sind oder verunsichert wurden, was sie erwartet, rate ich zu einem Blick auf S. 245ff., falls Ihnen dies ermöglicht wird.

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