Londons Schattenseiten beleuchtet
Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen den Mordfällen. Erst wurden die Opfer geschändet, dann getötet und anschließend zu allem Überfluss vergewaltigt. Die Kirche muss nun neu gestrichen werden. Niemand hat etwas gesehen. Kein Wunder bei dem gelblichen Nebel. Die Frauen werden immer an einsamen Orten, zu ungewöhnlichen Zeiten gequält und ungnädig vernichtet. Zum Glück wird die blutige Tat nicht bis ins Detail beschrieben. Es bleibt unserer dunklen Fantasie überlassen, sich das auszumalen. Jedes mal wurden viele Kerzen angezündet, für eine stimmungsvolle Nacht. Jetzt wird mir klar, warum in Kirchen so viel Kerzen herumstehen und warum es mich dort fröstelt.
Sebastian Devlin St. Cyr. wird beschuldigt von Behörden, da seine Duellpistole am Tatort gefunden wird. Aber wir wissen, Sebastian ist unschuldig. Wissen wir das? Jeder mag schuldig sein, solange seine Unschuld nicht bewiesen wird. Nunja, das wäre aber auch abwegig, Beleuchten wir einmal Sebastian. Er war einst Spion beim Geheimdienst und zieht es vor zu flüchten. Sebastian hat gelernt, zu täuschen und sich als jemand ganz anderen zu verkleiden. Von der britischen Justiz hält er nichts. Er stellt lieber eigene Nachforschungen an. Dabei stichelt er gegenüber einem Londons Ordnungshüter und geht auch ansonsten nicht unbedingt einem Duell aus dem Weg. Er hat selbst oft Zweifel, dass er den Mörder finden wird. Höchstverdächtig! Aber es gibt noch weitere, die noch verdächtiger sind, glaubt mir.
Warum sollten wir uns überhaupt die Mühe machen, nach dem richtigen Mörder zu suchen. Der Mörder kann längst außerhalb seines Wirkungsbereichs und Reichweite entflohen sein.
Für meinen Geschmack wird in den gesprochenen Sätzen zu oft Sebastian erwähnt. "Sagte Sebastian", "Sebastian fragt", "Sebastian nahm" etc.. Ich bin versucht, eine Strichliste zu führen. Gefühlt in 60 Sekunden 20 x Sebastian.
Einzig der gesuchte Verbrecher hat noch keinen Namen. Was wäre London ohne Geheimdienste, sowie Menschen, die viel Geld bezahlen, um etwas geheim zu halten. Zudem gibt es selbstredend absonderliche Dienste gegen Geld unter der Hand. Mit viel Geld lässt sich in London für alles einen Dienstleister finden, z.B. einen Leichenausbuddler oder eben hingebungsvolle Frauen. Oder Informationen von Frauen. Bei Frauen werden Männer weich und vertrauen gerne ihre sensiblen Informationen an - wissend oder unwissend. Das Frauenbild war Vorteil und Fluch in dieser Zeit. Frauen wurden in diesem Jahrhundert von Männern häufig unterschätzt, mitunter gering geschätzt, nicht selten auch gehasst für was auch immer. Aber auch geliebt.
Lieben werden Hobbyermittler auch die vielen Puzzlestücke aus Sebastians Ermittlungen, die kapitelweise eintrudeln. Wie muss man die Hinweise verstehen, was ergibt ein Bild. Nicht irgendein Bild, das Bild des Täters. Ist es ein Geistlicher, ein Homosexueller, ein hochnäsiger Vertreter des Adels, der Geheimdienst, Förderer? Was spricht dafür, was dagegen? Die Zeit läuft, denn auch nach Sebastian wird gefahndet.
Für mich ist es ein gut gemachtes Hörspiel mit dem Sprecher Kevin Kasper, der gut seine Stimme den Charakteren anpassen kann. Insgesamt stehen uns 13 Std. und 38 Min Hörvergnügen zur Verfügung.
Die Autorin C.S. Harris hat übrigens bereits eine Fülle von Bücher zu Sebastians Fällen geschrieben. Doch jeder Fall ist abgeschlossen, wie auch dieser hier. Klassische Krimis aber auch Mystery scheibt C.S. Harris - stets historisch-fiktiv, mit Romanze, Ermittlungen und unzähligen "Sebastian" in jedem Absatz. Wenn ich nachts schweißgebadet hochschieße und "Sebastian" ausrufe, würde es mich nicht wundern.
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