Dienstag, 30. März 2021

Die Siedlung von C. J. Knittel

 Gold verdirbt den Charakter

Bei dem Cover mit der Wüstenlandschaft im Buch "Die Siedlung" muss ich glatt mein Glas Wasser wieder auffüllen und einen gehörigen Zug nehmen. Ich stelle mich auf eine staubtrockene Geschichte ein. Doch das ist mitnichten der Fall, denn unser Priester, der unterwegs ist, seine verschollene Schwester Kassandra zu finden, stößt gleich im ersten Dorf, wo er sie vermutet, auf eine Leiche. Bei der Novelle müsst ihr auf die Symbolkraft der Namen und Begriffe achten. Kassandra wurde im Homers Werk erwähnt. Sie besaß zwar die zweifelhafte Gabe, schlimme Geschehnisse vorherzusehen, aber sie konnte sie nicht verhindern.

Das Dorf wurde scheinbar Hals über Kopf verlassen. Nur wohin sind denn alle? Es gibt in der Nähe ein zweites Dorf. Mit einem mulmigen Gefühl macht sich unser Priester auf, wieder durch die Wüste. Die Wüste steht sinnbildlich mit ihrem Licht aufzudecken, wer wir eigentlich sind.

In der zweiten Siedlung trifft unser Priester zwar auf Menschen, aber auch auf etwas Unerklärliches, welches viele Opfer in der Goldgräbersiedlung gefordert hat. Haben die Einwohner zu tief gegraben und damit einen Zugang zur Hölle freigelegt? Oder wurde von Gott eine tödliche Bestrafung über die Sünder verhängt. Gibt es eine dritte Erklärung? Nein, nicht für einen Priester, der die Wahrheit aufzudecken versucht. Er lernt die verbliebenen Einwohner kennen und erfährt auch Hintergründe zu seiner Schwester.

Und vollkommen klar, ein Mann mit dem Namen "Wotan", verheißt nichts Gutes. Wotan ist ein germanischer Gott. Du sollst keine anderen Götter neben Dir haben! Schon gar nicht einen, der so stinkt als hätte er sich tagelang nie gewaschen. Hmm, an der Stelle werde ich stutzig, ob der Priester besser riecht nachdem er mit einem Motorrad durch die Wüste gefahren ist? Selbst die Monster greifen lieber aus drei Meter Entfernung nach unserem Priester.

Der Großteil der Handlung findet in der Goldgräbersiedlung statt. Nun, für mich ist Gold einfach nur ein Edelmetall. Doch Bibelleser verbinden damit Glauben, Treue und Wahrheit.

Die Novelle ist für mich ein Denkmodell, dass wir Sachverhalte auf zweierlei Weise sehe können. Tod als Werk des Teufels oder Tod durch Vergeltung. Dabei macht sich Gott natürlich nicht selbst die Finger schmutzig, sondern schickt unterschiedliche Gestalten vor. In diesem Fall sind es Reptiloide, also Echsenmenschen. Einige Querdenker gehen davon aus, dass diese außerirdische Lebensformen sind, die die Menschheit versklaven soll. Sucht einmal im Netz darüber. Die Echsenmenschen-Theorie hält sich schon seit Jahren in den Medien.

Ich selbst habe mit derartigen religiösen Vorstellungen so meine Probleme, was sich jedoch nicht auf die Bewertung ausgewirkt hatte, da ich glaube, dass viele Menschen von einfach zu konsumierenden Gut-Böse-Märchen lernen können.

Ich selbst bevorzuge die Vorstellung, in der es im Universum eine höhere Instanz gibt, die wir noch nicht einmal im Ansatz verstehen. Wenn das Gott ist, okay, aber lassen wir ansonsten die Kirche in der Siedlung.

Die Geschichte ist schnell gelesen und regt zum Nachdenken an. Was können wir glauben? Selbst wenn die ganze Siedlung anders denkt, sollten wir uns niemals anstiften lassen und vorschnell Schlüsse ziehen.

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