Sonntag, 6. Dezember 2020

Nano: Lüneburg

Turbulentes Verwirrspiel mit SF Elementen

Das Buch "Nano Lüneburg" von Oliver Borchers spielt in der Zukunft des späten 21. Jahrhunderts. Der Planet ist durch eine Art Virus verwüstet und radioaktiv verstrahlt. Es kommen keine Technologien zum Einsatz, die wir noch nicht kennen. Es tauchen keine unbekannte Spezies auf. Das Buch beinhaltet Elemente wie KI, Nano-Technologie, Implantate, 3D Drucker, Atomkraftwerke, Viren, die wir bereits heute kennen.

Der Einstieg in die Geschichte gestaltete sich dennoch für mich schwierig, denn ich wusste nicht mehr als die Hauptfigur des Buches. Es geht darum, herauszufinden, warum die Nano-Technologie nicht mehr funktioniert, bzw. teilweise funktioniert, aber nur in bestimmten Situationen. Was bedeuten die Träume? Wo führt die Selbstfindung hin? Etwa bis zur Seite 70 tappte ich noch im Dunkeln, dann erschlossen sich allmählich Puzzlestücke zu Bildern. Doch weitere Fragestellungen ergaben sich, die beantwortet werden wollten. Ich spürte, dass das Ausmaß der komplexen Geschichte noch lange nicht zu Ende ist. Es gab viele Überraschungen, sodass ich am Ende des Buches, mit einem "Wow" da stand. Es machte alles einen Sinn und war schlüssig.

Ich hatte das Gefühl, das Buch ein zweites mal lesen zu müssen, nun mit dem Wissen, um das Ende. Vermutlich gelingt es mir dann besser, die vorangegangen Szenen deuten zu können.

So ging es mir auch bei dem Film "Inception". Alles verstanden hatte ich im ersten Durchgang nicht, aber ich spürte, dass alles durchdacht und ausgeklügelt ist. Ich musste mir den Film noch einmal anschauen, um dann mehr auf Details achten zu können.

Das Buch war mit seinen 200 Seiten in einem großen Schriftsatz sehr schnell durchzulesen. Mit den Charakteren war ich nicht richtig warm geworden. Ich nahm sie als Schachfiguren des Autors wahr. Zu Beginn fehlte es mir an Beschreibungen, wo man sich als Leser gerade befindet, was ist es für eine Welt? Wie ist es dazugekommen? Es erschließt sich alles im Laufe der Geschichte, doch es wirkt komprimiert. Die skizzierte Welt hätte mehr Worte verdient. Jedenfalls stelle ich mir vor, dass ein guter Geschichtenerzähler den Einstieg für den Leser erleichtern könnte, durch mehr Raum für Atmosphäre, Aura, und Ankerpunkte. Das Buch hat eine unerwartete Komplexität. Für mich wurde im Verhältnis zur Seitenanzahl zu viel Inhalt hereingepackt.

Der Leser tappt im Dunkel, ist genauso verwirrt wie die Hauptfigur, die ihr Innerstes und ihre Fähigkeiten im Verlauf des Buches mehr und mehr kennenlernt. Sie ist nicht allein und trägt ein Geheimnis in sich. Der Leser hat auch nicht mehr Infos. Es wirkt zu Beginn alles wirr. Die sich stellende Fragen werden beantwortet, doch es gibt weitere überraschende Entwicklungen.

Für mich hat das Buch Potential, mit entsprechenden Anreicherungen groß rauszukommen. In der gegenwärtigen Fassung wird der Autor einige Leser gedanklich abhängen. Mich würde es daher nicht verwundern, wenn es extrem gute und extrem schlechte Bewertungsergebnisse von Lesern bescheinigt bekommt.

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