Lauf vor den Wolken

Es soll heute noch ungemütlich werden. Doch der Tag fing mit Sonnenstrahlen an. Richtiges Laufwetter. Bloß schnell los bevor es später regnet wie angekündigt. Meine Frau wollte auch laufen. Sie muss aber noch Kuchen backen mit unserer ersten Rhabarber-Ernte. Und Kartoffelsalat muss auch vorbereitet werden, damit wir nach dem Laufen direkt mit dem Essen loslegen. Und es wäre schön, wenn ich helfe. Na gut es soll ja erst nachmittags schlech werden.
Also habe ich das Gemüse aus dem Garten geholt, es geputzt und geschält. Parallel hat meine Frau sich um den Teig gekümmert. Jetzt noch die Kartoffeln. Ich sehe erste Wolken am Himmel. Ich mache die Soße mit frischem Dill. Dann ist der Kartoffelsalat fertig. Jetzt muss ich noch die Wäsche aufhängen, meint meine Frau. Okay, dann lauf ich schon mal los. Wir treffen uns am Sportplatz.

Der Sportplatz war total vermüllt. Scheinbar hat sich eine Horde Raucher hier versammelt und abgefeiert. Zigarettenkippen, Glasscherben und Plastikmüll überall verstreut. Es gibt Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann und in solchen Situationen wünsche ich mir den totalen Überwachungsstaat, wo beim Anzünden einer Zigarette bereits eine verdeckte Observation stattfindet. In Singapur kostet eine achtlos auf die Straße geworfene Zigarette 400 Euro. Dies wirkt, der öffentliche Raum ist unerwartet sauber.

Am Sportplatz gab es zwei Läufer, die verkehrt herum liefen. Beide liefen von Runde zu Runde mehr mit Oberkörper nach vorne gebeugt. Die Atmungsgeräusche nahmen immer mehr zu. Ich lief ihnen mit hohem Tempo entgegen. Mir fiel es überhaupt nicht schwer. Im Grunde spüre ich aktuell, dass ich mühelos 30 Kilometer länger laufen könnte, während andere sich von 400m Runde zur nächsten kämpfen.

Das ist erhabenes Gefühl, vor allem wenn ich auch noch sehe, dass der Läufer 25 Jahre jünger ist  und die Dame etwa in meinem Alter.

Dann kam noch Jemand auf die Laufbahn, damit es mir nicht langweilig wird. Er sah ein wenig wie ein Schrank aus. Er joggte 100 Meter und machte dann 15 Liegestütze. Danach ging es 100m weiter. Zumindest liefer er richtig rum.

Sonntag und schönes Wetter, was gibt es aufregenderes als wie ein Grillhähnchen auf der 400m Bahn im Kreis zu laufen? Während ich noch darüber nachdachte, schrie meine Frau "Ingoooooo".

Das war in ganz Feucht zu hören. Ich lief wie ein Hund zum Frauchen. Nun war das Tempo gemütlich. Am Ende unseres Laufes verglichen wir die Erholungszeiten, die unsere Sportuhren vorschlugen. Ich bin 10 Kilometer gelaufen und meine Frau 6 Kilometer. Ich muss mich 10 Stunden erholen, meine Frau 18 Stunden.

Das zum Thema Geschlechtergleichberechtigung. Also habe ich noch ein Resultstraining hinterhergeschoben. Im Garten macht dies besonders Spaß, auch wenn die Nachbarn denken, dass bei mir irgendwas nicht stimmt, insbesondere, wenn ich scheinbar planlos mit Walking Lunches durch den Garten schreite.

The Walking Lunge

Jetzt stehen 11 Stunden Erholung an mit frisch gebackenen Kuchen.