Was für ein Kaiserwetter hatten wir! 17-19 Grad sind es gewesen. Dies ist eine Temperatur, die ich noch aushalten konnte.
„Nutze die Talente, die Du hast. Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen.“
Henry van Dyke
Vom Hotel habe ich ein Lunchpaket bekommen, da es erst ab 8 Uhr Frühstück gab. Das wäre definitiv zu spät. Gegessen habe ich als Frühstück einen Apfel und ein Käsebrötchen.
Im Marathon Beutel war zum Glück noch ein Second Skin Gel, welches Scheuerstellen verhindern soll. Ich hatte meine Fettcreme für die Brustwarzen vergessen. Diese empfindlichen Stellen können durch das ständige Scheuern am salzverkrusteten Sporthemden bluten. Bin gespannt, ob es hält, was es verspricht.
Die Startnummer galt als Fahrkarte im Gesamtbereich ABCDE. Somit bin ich mit den öffentlichen Verkehrmitteln von Hamburg-Harburg ausgehend zu den Messehallen zum Start gefahren.
Auf der Hinfahrt verflogen die Minuten förmlich und ich war beinahe ein wenig panisch ob ich es noch vorher auf ein Dixi-Klo schaffen würde. Es hatten sich lange schlangen davor gebildet. Zum Glück ging es bei den überwiegend männlichen Läufern schnell.
Als ich dann im Startbereich wartete, habe ich alle halbe Minute auf die Uhr geguckt. Kann es sein, dass sich die Zeit vor einem Start entsetzlich streckt? Dann eine Durchsage, dass sich der Start um zwei Minuten verschiebt. Oh nein. Und dann war es soweit. Die Läufer setzten sich in Bewegung - Startfeld für Startfeld - gehend. Erst ab der Startlinie wurde in den Laufmodus gewechselt.
Ich habe während des Laufes sehr viel Wasser getrunken. Irgendwann war meine Blase gut gefüllt, doch die Menge wurde glücklicherweise mit den Kilometern abgebaut. Ich bin erst im Restaurant nach dem Lauf wieder zur Toilette. In der Zwischenzeit hatte ich bestimmt sieben Becher Wasser, 1 Becher Iso, ein Becher Brühe, 2 Orthomol Fläschchen, 3 Krombacher Alkoholfrei, einen Mango-Yoghurt-Drink und ein Alpro Cocosdrink, sowie ein Alpro Mandeldrink intus. Nicht alles gab es auf der Laufstrecke, aber ich insgesamt hätte ich schon damit gerechnet, es früher wegbringen zu müssen. Es wurde scheinbar alles in Schweiß umgewandelt. Ich hatte salzige Haut, von Gels verklebte Hände, die schwarze kurze Laufhose, war ebenfalls weißlich. Neben den zahlreichen Getränken ist auch beachtlich, was ich alles in mich gefuttert habe: 2 Müsliriegel, zwei Magnesiumpäckchen, 3 Bananenstücke und im Ziel ein Becher Salzstangen, ein Stück Apfel, ein Schoko-Nuss-Riegel, ein Caramelriegel, ein Schoko-Milchbrötchen. Danach meldete sich mein Körper: Noch ein wenig mehr Zucker und mir wird schlecht.
Nach dem Lauf sind wir dann wieder zum Bok Asia Restaurant im Schanzenviertel gelaufen. Wenn man das liest, denkt man vermutlich, dass ein Marathon eine reine Gourmetveranstaltung ist. Wahr ist, dass ich nur so lange und schnell laufen kann, wenn ich was esse. Wahr ist auch, dass ich vermutlich deswegen so gerne laufe, weil ich gerne esse. Auf den ersten Kilometern meldete sich meine noch kalte Achillessehne. Ich habe das ignoriert, denn ich wusste, dass dieser Schmerz im Lauf des ersten Kilometers weggehen wird. Der erste Kilometer war gemütlich, da ich nicht frei laufen konnte. Ich wollte auch nicht wertvolle Energie verschwenden mit kräftezehrenden Überholmanövern. Nur Geduld, dachte ich, meine Zeit wird kommen. Der erste Kilometer darf ruhig etwas langsamer als geplant sein, dann geht er quasi als Einlaufphase durch.
Auf den ersten Kilometern merkte ich, dass alle Systeme des Körpers voll funktionsfähig, aufgeladen und erholt sind. Ich entschied, dass es in Ordnung ist auf den ersten zehn Kilometern von meinen anvisierten 4:50 min/km Geschwindigkeit abzuweichen.
Ich wusste, dass sich das Feld zunehmend auseinanderziehen würde, denn diesmal bin ich im Block E gestartet. Eigentlich hätten die Veranstalter mich in den Block D packen müssen aufgrund meiner Berlin-Marathon Zeit. Mag aber sein, dass diese schon als zu alt gilt, wenn sie nicht aus dem letzten Jahr kommt. Jedenfalls bin ich in das Lauffeld des Block D's im Laufe der Meilen dann zügig hereingelaufen.
Die Läufer um mich herum waren nicht ganz so langsam unterwegs wie beim Berlin-Marathon. Blöderweise ist die Staffel weiter vorne gestartet. Diese hatte sehr viel langsame Läufe, die von mir nach hinten durchgereicht wurden.
Nachdem die Halbmarathon-Läufer weg waren, war ein komplett freies laufen möglich.
Kilometer 14
Ab Kilometer 31 war klar, dass die letzten Kilometer auch diesmal wieder spannend sein würden. Beide Waden meldeten sich abwechselnd mit Stichen. Dies waren Warnsignale für mich, das Tempo zu drosseln. Auf den folgenden Kilometern meldeten die Waden: Mach jetzt bloß keine abrupten Aktionen und wundere Dich nicht, wenn Du Krämpfe bekommst.
Die Zuschauer konnten mich ablenken. Bis Kilometer 40 konnte ich 4:50 min/km halten. Die letzten drei Kilometer vorm Ziel war es eher 4:59 min/km.
Die Zuschauer meinten zu jedem "Gib alles", "Es sind doch nur doch zwei Kilometer bis zum Ziel" und ich wusste das auch. Wenn meine Waden es zuließen, wäre ich auch in der Lage von den mentalen und anderen Körperfunktionen einen langen Spurt hinzulegen. Ich wusste jedoch, dass ich Gefahr laufen würde, dann ins Ziel zu gehen. Kein Risiko mehr auf den letzten Kilometern. Ich war bereits schneller unterwegs als je zuvor.
Im Ziel blieb die Uhr für mich bei 3:21:08 stehen.
Nur für die Statistik:
Platz (M/W)
|
955
|
Platz (AK) |
154 von 1.259
|
Platz (Gesamt) | 1.021 |
Blaue Striche | 42.000 |
Rund 14.000 Läufer hatten die 42-Kilometer-Distanz vorgenommen.
Dieses Jahr wurden nur 10.010 Finisher auf der Marathondistanz gezählt. Der Veranstalter ist enttäuscht, aber die Finisher sind überglücklich.
Die Topläufer waren:
- Solomon Deksisa ETH 2:06:34,
- Tadu Abate ETH 2:06:54,
- Ayele Abshero ETH 2:07:19,
- Solomon Yego KEN 2:07:37,
- Stephen Kiprotich UGA 2:07:57,
- Philipp Pflieger GER 2:13:39.
Split | Tageszeit | Zeit | min/km | km/h | Platz | |
---|---|---|---|---|---|---|
5km | 09:57:50 | 00:23:57 | 04:48 | 12.53 | - | |
10km | 10:21:26 | 00:47:33 | 04:44 | 12.71 | - | |
15km | 10:44:29 | 01:10:36 | 04:37 | 13.01 | - | |
20km | 11:08:12 | 01:34:19 | 04:45 | 12.65 | - | |
Halb | 11:13:14 | 01:39:21 | 04:36 | 13.06 | - | |
25km | 11:31:28 | 01:57:35 | 04:41 | 12.84 | - | |
30km | 11:55:19 | 02:21:26 | 04:47 | 12.59 | - | |
35km | 12:19:41 | 02:45:48 | 04:53 | 12.31 | - | |
40km | 12:44:09 | 03:10:16 | 04:54 | 12.26 | - | |
Finish | 12:55:01 | 03:21:08 | 04:57 | 12.13 | 955 |
"A river cuts through rock, not because of its power, but because of its persistence."
Fazit zum Hamburg Marathon:
Die Stadt, die Laufwege (Parks, Straßen mit schöner Aussicht, Elbtunnel) und die Anfeuerungen der Zuschauer haben mit sehr gefallen. Die Veranstaltung ist auch gut organisiert und die Versorgung ist üppig.
Es war der zweite Marathon in meinem Leben, aber mit Abstand hat mir dieser besser gefallen als in Berlin. Ich hatte sogar 2/3 der Laufes richtig Freude an diesem Lauf.
Am nächsten Tag hatte ich ein paar Schwierigkeiten mit Treppen.
Aber ich glaube, ich habe keine ernsten Verletzungen davon getragen. Es fühlt sich so an, dass ich mich vermutlich bald wieder sportlich betätigen darf. Ein Kilo habe ich durch das Marathon-Wochenende zugenommen.
Danke an meine Frau, die für mich in der Marathon-Vorbereitungszeit und am Wochenende eine große Stütze gewesen ist. Jetzt kehren wir beide wieder zu einem normalen Leben zurück bis zum nächsten Gewinn.