Sonntag, 29. Oktober 2017

2 Beispiele, warum Marketing in der Praxis versagt

Am Bahnhof sprach mich ein indisches Pärchen mit Kind an, die nach Nürnberg per Bahn reisen wollten. Ich unterbrach meinen Lauf. Weiß auch nicht, warum ich in letzter Zeit immer wieder beim Laufen unterbrochen werde. Vermutlich sehe ich wie ein Pfadfinder aus, der bereit ist, jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen.

Sie standen vor dem Automaten und versuchten herauszufinden, welches Ticket sie bezahlen mussten, um möglichst günstig als Familie nach Nürnberg zu reisen. Ich schaltete den Automaten auf English und versuchte mehr Informationen über das Tagesticket zu bekommen, denn als Autofahrer hatte ich keine Ahnung. Aber der Automat wir mir die Information wohl geben. Keine Chance, der Automat zeigte mir alle möglichen Bedingungen an, nur nicht die, die ich benötigte. Natürlich schaltete er dafür auch wieder auf Deutsch. Ich brach die Suche ab und fragte andere Reisende und bekam die Auskunft, dass das Ticket für zwei Personen gelten müsste. Aber wie ist das mit dem Kind? Keine Ahnung.

Manchmal frage ich mich, wollen die Unternehmen überhaupt ihre Produkte verkaufen? Wie muss ein Kunde fühlen, der aus mangelnder Informationslage zu den vergünstigten Tickets, teure Einzelfahrscheine kaufen muss. So erreicht ein Unternehmen keine Kundenfreundlichkeit und auch keine Kundenzufriedenheit. Ein Satz hätte auf dem Bildschirm gereicht, um das Angebot dem Kunden zu erklären.

Andere Geschichte: Bei manchen Marketing-Texten frage ich mich, ob Marketingleute für Worte oder für Inhalte bezahlt werden. Beim Lesen vieler Produktbeschreibung komme ich eindeutig zu dem Schluss, es müssen Worte sein - genauer Buzzwords ohne weitere Erläuterung und leere, fragwürdige Inhalte ohne Bedeutung.

"The connected car is the most disruptive technology in the automotive industry today. It offers great potential. Combining car functionality with our software solutions creates a connected car that can navigate traffic, significantly reduce vehicle defects and warranty costs, and enable new business models.

Online connections in the car offer the driver and passengers new, convenient services. These services add significant value to the OEM by distinguishing its brand from the competition.

... provides technologies that connect the car to the cloud or that use mobile devices as gateways. Our end-to-end solutions can make your vehicles part of the internet of things."

Customer must read plenty of sentences and their time is wasted. The content above could by summarized by two sentences: "Combining car functionality and mobile devices with our software solutions creates new, convenient services for OEMs, repair shops, drivers, passengers and other stakeholders.  F.e. our end-to-end solutions support services of a connected car for navigating traffic, significantly reducing vehicle defects and warranty costs, and for being part of internet of things.".

Zeit ist Geld. Die nächste Generation wird Informationsquellen bevorzugen, die kurz und kapp das die Botschaft der Autoren auf den Punkt bringen. Es müssen nicht 140 Zeichen wie bei Twitter sein, aber jeder Satz sollte daraufhin geprüft werden, ob er eine Daseinsberechtigung hat. In den meisten Fällen ist mit weniger mehr erreicht. Aber nicht soviel weglassen, wie bei der Bahn.

"Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern nichts mehr weglassen kann
Antoine de Saint-Exupéry

Siehe auch:
wuv.de - W&V - Werben & Verkaufen: Verwechselbares Markenerleben bei Nike und Adidas.

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