Freitag, 2. August 2019

10.000 Schritte oder darf es auch weniger sein?

Die Outdoor Industrie jammert, dass die junge Generation am Smartphone hängt und nicht mehr raus geht. Hallo jemand zu Hause? Ist das keine Geschäftsidee einfach Smartphone und Sport miteinander zu verbinden? Die Ausrüster müssen nur ihre Produkte mit den Smartphone verbinden und Apps anbieten, die nicht nur Daten sammeln, sondern daraus auch einen Anreiz schaffen, sich zu bewegen. Was tut die Branche? Sie schläft und jammert:

Beinahe die Hälfte der Europäer (46 Prozent) sei nach Zahlen aus dem Jahr 2017 komplett inaktiv (greenpeace-magazin.de - Faule Europäer-Outdoorhersteller bangen um junge Zielgruppe

Doch es gibt auch andere Statistik aus dem Jahr 2017. Demnach sind südliche Länder noch fauler als die Europäer (focus.de - Stanford-Studie-Spazierfreudigkeit der Länder).

Ist 5.300 Schritten am Tag wenig oder viel? Wir wissen von unseren Schrittezählern, es sollten 10.000 Schritte pro Tag sein.

Die Zahl 10.000 ist beliebt. Sie taucht in Titeln wie "10.000 Meilen unter dem Meer", oder Nachrichten "Dax prallt an der 10.000er Marke ab", oder "10.000 Meter Lauf" auf.
10.000 Schritte können wir auch maximal bei Fitnesstrackern einstellen. Das hat einen Hintergrund, dass die Weltgesundheits-Organisation WHO Erwachsenen empfielt, jeden Tag das Pensum von 10.000 Schritten laufend, kriechend, gehend oder schwimmend zu bewältigen. 30 Minuten langsames Schwimmen bzw. 1.000 Meter zählt in etwa wie 5.000 Schritte und belastet die Gelenke nicht.
Einen Kilometer Radfahren entspricht 300 Schritte.
Gibt es Studien dazu? Nein, 1964 vertrieb die Firma Yamasa den ersten transportablen Schrittzähler "Manpo-kei". Übersetzt heißt das 10.000 Schritt Zähler! Scheinbar haben sich alle Empfehlungen danach ausgerichtet
7.500 Schritte könnten laut einer Studie auch reichen (jamanetwork.com - Association of Step Volume and Intensity With All-Cause Mortality in Older Women)

95 Prozent aller Activitytracker werben damit, dass die Geräte uns auf Schritt und Tritt verfolgen und stets Rückmeldugn geben, dass wir uns mehr bewegen sollen.
Das ist gut und praktisch. Es ist in der Tat so, dass die Messbarkeit von meinen Läufen schon den Ehrgeiz weckt, das ganze Jahr über eine gute Perfomanz hinzulegen und nicht erst drei Wochen vor einem Wettkampf.

10.000 Schritte sollen wir laufen an einem Tag, um nachzuweisen, dass wir uns genügend bewegen. Der Mensch braucht seinen Auslauf. Die zu erzielende Anzahl der Schritte hört sich erst einmal viel an, aber mit einem Lauf können wir dieses Tagesziel bereits locker erfüllen.

Aber was heißt es eigentlich 10.000 Schritte seien gesund? Wie groß müssen denn die Schritte sein? Kleine langsame Schritte zählen genauso, wie schnell egroße Schritte. Und Händeklatschen bringt auch noch einmal einen Schritt. Das ist also gröbster Unfug, sich auf eine derartige Messung der Schritte zu verlassen.

Rückschlüsse darauf, ob wir wirklich gesund leben, liefert unser Herz und nicht der Arm, der den Activitytracker trägt.

Ich schlage vor, die Zeit zu messen, die unser Herz ruht. Entweder schlafen, sitzen, stehen, liegen wir, oder wir sind in Bewegung und strengen unser Herz an.
Die Tageszeit, die Häufigkeit, die Dauer von Ruhepuls-Phasen geben auswertbare Rückschlüsse auf eine gesunde Lebensweise, die auf ausreichende Erholungs- und Belastungsphasen basiert.

Die Schrittanzahl ist lediglich eine Zahl. Isoliert betrachtet hat sie null Bedeutung. Erst im Kontext von anderen Zahlen, können aus verschiedenen Zahlen Indikatoren abgeleitet werden, die eine Leistungsdiagnostik bei Sportlern zulassen.
Leider bieten viele Sportportale dieses Thema nicht an. Sie ermöglichen zwar den Nutzern Zahlen zu sammeln, jedoch bieten sie nicht die Möglichkeit, diese automatisiert auszuwerten und in Beziehung zu setzen.

Wie sieht meine aktuelle Belastung aus? Wieviel Regeneration brauche ich? Wie steht es um meine Fitness? Brauche ich mehr Grundlagenausdauer? Wie monoton ist mein Training?

Wenn wir mit Statistiken unseren Trainingsfortschritt überwachen, dann ist die Trainingsintensität nicht nur kontrolliert durch unser Gefühl, sondern wir können uns auch auf Indikatoren stützen, um optimal und zielgerichtet zu trainieren.

"Alle sind Irre; aber wer seinen Wahn zu analysieren versteht, wird Philosoph genannt."
Ambrose Bierce

Siehe auch:
uhrenundtouren.com - Step Tracking Comparison: Suunto Spartan Ultra, Spartan Sport WHR Baro, TomTom Adventurer: Track trends, not steps
amjmed.com - Personalized Activity Intelligence (PAI) for Prevention of Cardiovascular Disease and Promotion of Physical Activity

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