Montag, 16. Oktober 2017

Offenherzigkeit

Jeder Läufer hat drei Leben ein öffentliches, ein privates und eines, was andere sich für einen  ausdenken.

39% der Befragten stellen persönliche Daten wegen Sicherheitsbedenken nicht online. Das Statistische Bundesamt hat die Ergebnisse der Erhebung über die private Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) online gestellt.

Wer das Internet nutzt, hat in den meisten Fällen schon viel von sich preisgegeben. Insbesondere sind es eigene Fotos, das Geburtsdatum, die Heimataddresse, Arbeitgeber, Kontaktinformationen, Interessen. Viele sind darüber nicht glücklich, aber sie haben keine Wahl. Wer sich öffentlich bewegt, der gibt direkt oder indirekt und unvermeintlich Angaben über sich preis.

Offenherzigkeit fällt daher schwer, obwohl Offenherzigkeit allgemein als eine positive Eigenschaft von Menschen angesehen wird.

Insbesondere bei schnellen Läufern im Wettkampf heißt es für ambitionierte Athleten, das Herz gut zu verschließen. Wenn jemand zurückfällt - egal. Wenn wir jemand überholen - tja, passiert. Wenn jemand Seitenstiche bekommt - Pech. Beim Wettkampf kämpft jeder für sich. Einer gegen alle, alle gegen einen.

Wem diese Kampfvorstellung nicht liegt und sich eher zu den Pazifisten zählt, der wird einen inneren Kampf mit sich selbst führen und dabei sich auf die folgenden Ziele konzentrieren - ankommen, persönliche Bestzeit, irgendwo im Mittelfeld platziert zu werden, nicht Letzter etc..

Wie auch immer wir uns schlagen, das Herz wird jubeln. Endlich hat es wieder etwas zu tun. Im Alltag ist es ja nicht gefordert. Das ist vergleichbar, wenn ein Porsche nur in der Garage. Bei einer Laufveranstaltung zeigen wir, was wir unter der Haube haben.

Während Kampf dem Menschen in Wiege gelegt wurde, muss Offenherzigkeit erlernt werden. Offenherzige Menschen sind in der Regel schnell verwundbar. Mit jedem Stich wird die Offenherzigkeit ein bischen weniger. Daher können Offenherzige nur überleben, wenn sie rechtzeitig erkennen, dass sie nicht auf Gegenliebe stoßen. Leute, die versuchen Offenherzige herunterzuziehen, sind selbst tief gesunken.

Als Kind sind wir alle offenherzig. Mit zunehmenden Enttäuschungen werden viele Menschen verschlossener und verlieren ihre offenherzige Art. Wir fühlen uns nicht wohl in der Nähe von verschlossenen Menschen. Offenherzige Menschen können wir besser lesen und (aus-)nutzen. Offenherzige meinen wir zu verstehen. Anziehung und Liebe zwischen Menschen entsteht durch Offenherzigkeit. Das bereichert uns. Wir sollten unsere offenherzige Art im Alltag bewahren - ausgenommen im Wettkampf. Als Läufer sind wir oft Einzelgänger, aber im Grunde ist der Mensch ein Herdentier.

Offenherzige Menschen können sich in der Gesellschaft freier bewegen. Für manche Augen zu frei, denn nicht von ungefähr, wird Offenherzigkeit auch mit freizügigen Klamotten verbunden, die tiefe Einblicke in persönliche Dinge gewähren.

Wie immer, wenn Offenherzigkeit übertrieben wird, dann kann das Herz seinen Halt verlieren. Doch jeder, den wir beim Laufen treffen, könnte uns noch etwas lehren.

Alle Länder um Deutschland herum, wissen mehr mit Social Media Diensten anzufangen. Zu dem Ergebnis kommt die Pew Research Centers Studie. Deutschland belegt mit Pakistan den letzten Platz. Die afrikanischen Länder liegen mit mehr als 22% über dem deutschen Wert. Es sieht so aus, als wäre der Deutsche nicht gut vernetzt. Bleibt das so oder ändert sich da was in Zukunft? Mit der Zuwanderung aus allen Ländern könnte theoretisch der Wert anhoben werden (zumindestens wenn die Deutschkurse fruchten).

Vielleicht ist es auch so, dass es in Deutschland soviele andere mehr oder weniger sinnvolle Freizeitbeschäftigungen gibt, sodass die Deutschen einfach keine Zeit für solche Vernetzungen haben? Es ist ja auch nicht alles so positiv, was da so im Social Media Bereich getrieben wird. Ich kann verstehen, wenn sich der ein oder andere von Facebook angewidert zurückzieht. Ein weiterer Punkt ist, dass die Deutschen wohl noch zu den wenigen Zeitgenossen gehören, die ihre Privatsphäre der Netzgemeinde offen legen wollen.

Mit dem Wegducken sind allerdings auch Chancen vertan: Trends aufspüren, Meinungsdiversitäten wahrnehmen, nationale Grenzen überspringen, neue Freundschaften knüpfen, Nachrichten über Ereignisse zu lesen quais noch bevor sie passieren...

Interessant ist, dass im Blog "10kmLauf" sehr viele nicht deutschsprachige Nationen vertreten sind. Vermutlich lassen sich die Beiträge ganz gut auch in andere Sprachen übersetzen.
Mit rein englischen Beiträgen würde ich ganz sicher mehr Leser erreichen, aber ich fände es schade, denn als Muttersprachler kann ich viel lebendiger in Deutsch schreiben. Dem Wachstum der Gruppe scheint es nicht zu schaden.

In diesem Sinne: All nations are welcomed. Wir schaffen das!

Eine weitere Studie wollte ich noch erwähnen, die behauptet, unsere Gesellschaft würde sich durch Online-Dating verändern: "Erstmals in der Geschichte kommen Menschen zusammen, die im Alltag sonst keine Überschneidungen haben. Resultat: Die Beziehungen halten länger" (heise.de - Studie Online Dating verändert die Gesellschaft).

"Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll."
Johann Wolfgang von Goethe

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