Sonntag, 25. September 2016

Berlin-Marathon 2016: Race day!

41.283 Angemeldete gab es 2016 beim Berlin Marathon. An der Strecke waren dann knapp 40.000 Akteure. 36.054 erreichten das Ziel.

Insgesamt war ich mit meiner Zielzeit 03:28:54 der 5.599. In meiner Altersklasse war ich immerhin 1.156.
Ein gutes, wenn auch vorhersehbares Ergebnis für Jemanden für mich, der nur 9 Wochen intensiv für den Marathon trainiert hatte.


Eine schnellere Zeit wäre sicherlich unter besseren Startbedingungen möglich gewesen. Ich musste mich von hinten durch drei Startgruppen nach vorne kämpfen.
Jetzt ist es nicht so, dass alle Teilnehmer beim Marathon ein zügiges Tempo anschlagen, schon gar nicht beim Start. Der erste Kilometer war mein langsamster Kilometer mit 5:35 min/km. Bis die Masse sich in Bewegung setzte, dauert Zeit.



Ich kam mir vor, wie ein getarnter Polizeiwagen, der sich ohne Blaulicht und Rettungsgasse, durch einen Stau kämpfen musste. Überall lauerten Gefahren. Kreuz und quer laufende Personen, Zuschauer, Läufer, Wanderer, Geher, Fußfallen.



Das Beschleunigen und Abbremsen hat sehr viel Kraft gekostet. Ich wusste dies, aber ich wollte definitiv einen unter 5 min/km Schnitt laufen. Dies ging eigentlich nur mit Slalom laufen, zwei Kollisionen und viele Vollbremsungen. Zusätzlich verlor ich Zeit bei der Getränkeaufnahme und in der Nähe von Pacern. Dort war meistens ein Pulk von Läufern, die keine Lücke Platz ließen.

"Wer im Leben selbst kein Ziel hat, kann wenigstens das Vorankommen der anderen stören."
B. Franklin

Ich dachte, ein Marathon ist eine Laufveranstaltung und kein Wandertag. Nachdem ich dreimal einen anderen 4 Stunden Pacer überholt habe, wurde das Feld langsam übersichtlicher und ich konnte freier laufen. Aber meine Waden gestatteten mir keine hohe Geschwindigkeit mehr. Es gab Warnsignale, die Sehnen und Muskeln nicht zu überspannen. Jedes Ausweichen, Beschleunigen führte zu einem unheilvollen kurzen Stich. Ich stopfte von nun an, unbekanntes Gel in mich herein in der Hoffnung, es würde mehr helfen als Schaden. Geholfen hat vermutlich jedoch, dass ich von Kilometer 30-35 Tempo rausgenommen habe. Weniger Tempo heißt, nicht so viele Überholmanöver und von daher ein ökonomischeres direktes Laufen.

Der Berlin Marathon wird häufig als Sightseeing-Tour angepriesen. Ich hatte keine Augen für meine weitere Umgebung. Ich sah nur Menschen. Es waren viel zu viele Gefahrensituationen, um die Aufmerksamkeit auf Gebäudearchitekturen entlang der Strecke zu werfen. Mein oberstes Ziel war, heil anzukommen.

Ein Läufer vor mir wollte einem Sperriegel ausweichen. Er ist dann auf dem Bürgersteig und dann wieder nach drei Metern herunter. Doch seine Beine konnten den Niveauunterschied nicht ausgleichen und er geriet ins Stolpern. Dann der nächste Fehler. Er hat sich nicht mit dem Armen abfangen können und Schlug mit dem Gesicht auf dem Asphalt auf.
Für mich war es eine Warnung, noch konzentrierter zu laufen.
Berlin Marathon gilt als einer der schnellsten Strecken weltweit. Ja, aber nicht, wenn ein schneller Läufer in einem chaotischen Pulk laufen muss, wo die Hälfte nicht mal annähernd Erfahrung hat, was eine Laufveranstaltung ist. Meine Frau weiß von einigen skurillen Fällen bei der Urkundenausgabe zu berichten, wie kreativ die Leute sind, wo sie ihren Champion-Chip platziert haben (siehe Beitrag Deplatzierte Champion-Chips).
Die Strecke ist auch nicht Topfeben, wie gemein behauptet wird. Zumindest weiß ich von zwei kurzen Anstiegen.



Es gab (ohne sie zu zählen) fünf Bands auf der Strecke. Das heißt, ich habe nur diese wahrgenommen. Angeblich gab es 90 Musik- und Trommelgruppen. Vielleicht spielten die gerade nicht als ich vorbeil lief. Jedenfalls hat der Fürther Halbmarathon auffälligere Bands. Unter einer Brücke wurde offenbar Plastikgold-Konfetti verschossen, aber für den Spezialeffekt kam ich scheinbar zu spät. Die hatten ihr Pulver schon verschossen.

Bei fast jedem Getränkestand habe ich einen Becher getrunken. Vielleicht waren es am Ende sechs Becher, aber musste nicht aufs Klo. Meine Blase fühlte sich leer an. Es wurde scheinbar alles ausgeschwitzt. Das Bier nach dem Lauf musste ich jedoch sofort wegbringen.

Von der Organisation des Marathons her, lief eigentlich alles bestens. Sofort gab es die verdiente Finisher-Medaille.




Nur für mein Bier musste ich noch weit nach dem Zieleinlauf traben. Es gab noch einen Verpflegungsbeutel nach Zieleinlauf.
Der Urkundenausdruck befand sich dann wieder einen Kilometer weiter. Ich bin die Strecke mit einem Bier in der Hand und in praller Sonne im Opatempo zu meiner Frau geschlichen. Sie freute sich über die Erfrischung in ihrem heißen Supporter-Zelt. So konnte sie auch noch eine halbe Stunde länger arbeiten. Ich erholte mich derweil so gut es ging.

Eine Umweltsünde ist der Haufen Plastikmüll, den der Veranstalter verursacht: Wärmefolien, Plastikbecher, taxofit Gel-Verpackkungen. Das meiste ist nur in kurzer Verwendung und landet irgendwo in der Landschaft. Dabei gäbe es Alternativen.

Die spannende Frage ist, wie geht es nun weiter? Habe ich Blut geleckt und werde ich weitere Marathons laufen?
Der Funeffekt ist bei einem 10km-Lauf höher. Dort kann ich das Tempo bestimmen. Nach einer Stunde ist der Spuck vorbei.
Beim Marathon bin ich gezwungen langsam und ungleichmäßig zu laufen.
Vielleicht laufe ich noch irgendwann einen Marathon, wenn ich einen geschenkt bekomme, aber im Moment fühle mich noch zu jung für diese Volkswanderungen.
Allerdings würde sich einiges ändern. Mit einer Zielzeit unter 3:30 starte ich in der ersten Startwelle im Block E.
Dort würde ich dann vermutlich ökonomischer und damit schneller laufen können. Es stellt sich nur die Frage, hätte ich ernsthaft etwas davon fünf Minuten schneller zu laufen, um dann von Platz 1.156 auf Platz 1.000 zu kommen? Bei 10 Kilometer Läufen habe ich eher die Chance, eine respektable Auszeichnung in Form einer Platzierung unter die ersten drei in meiner Altersklasse zu gelangen.


Trotzdem war der Berlin Marathon 2016 eine Erfahrung, die ich in meinem Leben nicht missen möchte. Es ist ein tolles Gefühl, diese unglaubliche Distanz in den Knochen zu haben.
Es ist der Overkill!



Das Essen am Abend schmeckt verschwitzt und stinkend besonders gut. Viel Essen zu können, ist meine Hauptmotivation für das Laufen.

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