Montag, 10. Mai 2021

UTOPIA TERRANA von C. J. Knittel

Was wäre, wenn ...

Utopia Terrana ist eine Science-Fiction-Sammlung von außerordentlichen Utopien zum Nachdenken. Hier schneidet die skizzierte Menschheit nicht durchweg gut ab. Mitunter kann das Ende einer Geschichte zutiefst erschüttern. Es wäre nicht so emotional, wenn nicht auch Wahrheit in diesen möglichen Ausblicken von möglichen Menschheitsentwicklungen steckt. Die Leser erfahren hautnah, was an Ethik und Verstand noch übrig ist.

Die erste Geschichte heißt "Der lange Marsch". Hah, den Titel kenne ich, denke ich mir. Da war doch die geniale Geschichte mit den Tonkari vom gleichen Autor C. J. Knittel. Bis auf dem Titel gibt es hier keine Verwandtschaft. Die schrecklichsten Monster essen mit Messer und Gabel, heißt es nicht verheißungsvoll. Ein Regime hat die Lufthoheit erobert und steht fünf Kilometer vor Mia-City. Dort war eine Wasserstoffbombe platziert, falls der Gegner einmarschiert und die Stadt nicht mehr zu halten ist. Welche Richtung sollte der versprengte Soldat der Separisten nun nehmen? Zurück hinter die feindlichen Linien oder in die belagerte Stadt zu seiner Separisten-Einheit und der Bombenstimmung. Es klingt nach einer unmöglich zu schaffenden Mission. Aber letztlich ist es eine für die gerechte Sache. Na dann, wegtreten, Soldat!

In der zweiten Geschichte geht es um eine Zeitmaschine. Mit ihr kann man nur in die Zukunft reisen. Egal wie weit das Team reist, die Zukunft ist fremdartig, fern und doch naheliegend. Alles hat sich weiterentwickelt, aber nicht die Vernunft der Menschheit, äussert sich ein Arzt aus der Zukunft frustriert und bringt es damit auf den Punkt. Der Mensch ist wieder das Monster. Hoffnung geben nur Einzelpersonen, die nicht wie gelähmt verängstigt da sitzen. Wir nehmen mit: Nicht höher, weiter, schneller sollte stets unsere Devise sein, wir könnten auch in Kreisläufen denken.

Die nächste Geschichte handelt von einem abgestürzten Raumschiff. Es galt seit 300 Jahren als verschollen. Gibt es Überlebende? Und wenn ja, was macht man mit ihnen? Ist es die Entscheidung aus einer Befehlskette heraus oder sollte man über die Entscheidung nachdenken?

In der Geschichte "Methusalem-Effekt" wird eine Entdeckung gemacht. Es ist anfangs nicht klar, worum es sich handelt. Ist es etwas Besonderes oder ist es nichts. Eine Spur führt zum Mann im Monde, der für die Menschen ein lebensverlängerndes Mittel hätte, aber wäre das eine gute Idee?

In die "Die Geister von WegaC" wird eine neue Bauleitung gesucht auf WegaC. Wäre das ein Job für Euch? Der Planet ist nicht ganz ungefährlich. Es gibt Einheimische. Aber worin unterscheidet sich die fremde Rasse von uns Menschen?

In "Der letzte seiner Art" fragen wir uns: Kann das Schicksal der Erde vermieden werden? Was wenn man den Lauf der Dinge beeinflusst? Wer hätte das Recht? Würde es das Richtige sein?

In der Geschichte "Das Wort Hermes" findet ein Dialog mit Ansichten über die Menschheit statt. Die Menschheit scheint zu glauben, sie stehe über und nicht in der Natur. Wenn der Mensch diesen Glauben mit dem Verstand paaren würde, wäre der Mensch zu großartigen Dingen bereit, möglicherweise auch, um seinen Selbsterhaltungstrieb zu überwinden.

Der "Herr der Besen" Titel kommt zum Schluss. Wie passend! Läufer, wie ich, kennen den Besenwagen von Laufveranstaltungen. Er sammelt diejenigen ein, die es nicht mehr schaffen. Ich lese automatisch schneller. P36 ist ein Roboter, der Verhalten von Menschen nachahmt. Er putzt kaum merklich jeden Tag ein Gramm weniger. Wird es wirklich keiner merken, wenn er eines Tages gar nicht mehr putzt?

Der Großteil der Geschichten hat ein überraschendes Ende. Nicht unbedingt immer ein Positives. Mitleid nimmt der Brutalität von Entwicklungen hier und da die Härte. In den Geschichten manövriert sich Menschheit stets an den Abgrund. Vielleicht soll es so sein. Große Dinosaurier gibt es ja auch nicht mehr. Die Menschheit wird immer größer, auch der technische Verstand wächst. Der Wachstum ist Treiber und Motor zugleich. Doch nichts geschieht ohne Konsequenz.

Kommen wir zur meiner Schlußfolgerung für diese utopische Sammlung. Der Schreibstil und die außergewöhnlich pointierten Kurzgeschichten verdienen volle fünf Sterne. Möge der Sternenhimmel uns nicht zeitnah auf den Kopf fallen.

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