Nach einem Einleitungskapitel, das einen gewissen Überblick über die Orte gibt, wo der Autor Matthias Bargeld für Erinnerungen verbindet, geht es los.
Was mir zu Beginn fehl, ist die Angabe der Kilometer, der geplanten Tage und warum weit wandern. Ersteres kommt zum Schluss des Buches. Wie bereitet man sich auf so eine Tour vor? Immerhin gibt es eine Packliste - hinten im Buch. Wie fällt die Verpflegung aus? Ja darüber wird auf der Reise berichtet. Essen wird sehr häufig aufgeführt und detailliert. Zu den Orten gibt es sehr wenig Information. Da ich die Städte gut kenne, hätte ich mir an dieser Stelle, Insidertipps in oder weiterführende Links erhofft.
Wie wird übernachtet? Klassisch. Was kostet so ein Reise - Reisebudget? Keine Antwort.
Dann sehe ich eine Überblickskarte mit der Rundtour, die sein Wanderpartner und der Autor gemacht hatten. Es ist in der Tat eine weite Strecke, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass gerade dieses erwanderte Gebiet spektakuläre Stadt-, Land-, Flusslandschaften bereithält.
Im Buch befinden sich zahlreiche Fotos. Diese sind bezaubernd und bezeugen, dass sich die Tour lohnt.
Der Autor wundert sich über die teilweise merkwürdige Benamung von Städten, wie Rothenburg ob der Tauber oder Schwābisch Hall. Er erklärt die Wortbedeutung nach eigenen Recherchen.
Was wurde inzwischen an Wegstrecke geschafft, was steht noch an? Wie viel Kilometer am Tag wurde zurückgelegt? Das kommt nicht richtig raus.
Bei mir entsteht der Eindruck, es wurde keine Auswahl getroffen für Themen, die den Leser interessieren könnten. Das Buch liest sich wie ein während der Reise geschriebener Reisebericht.
Im Vergleich zu anderen Geschichten fehlt hier so ein Motto oder Ziel wie Gewichtsverlust, sich selbst finden, schauen, ob man es schafft, mit möglichst wenig Geld, um Tipps im Sinne eines Reiseführer zu sammeln, neues entdecken, etc.. Nein, dem Autor geht es eher darum zu entschleunigen. Das Buch hat daher außer der Strecke keinen roten Pfaden und keine thematische Klammer. Zusammenhanglose Aneinanderreihungen, ich lese Kapitel um Kapitel.
Okay, der Autor hat entschleunigt, den Weg genossen und das Erlebte in einem Buch festgehalten. Erzählte Entschleunigungserfahrung mit ein paar Aufregern eignet sich nicht dafür, mich zu begeistern. Das Buch löst nichts in mir aus. Soll es den Leser animieren mehr zu wandern, auch zu entschleunigen? Soll der Weg schmackhaft gemacht werden? Welches Ziel wird verfolgt?
Der Autor stellt keine Verbindung zum Leser her und schafft wenig Orientierung. Es heißt, wenn jemand eine Reise tut, hat er was zu erzählen. Dann sollte das "was erzāhlt wird" zumindest ein Attribut aufweisen: lehrreich, erheiternd, spannend, beeindruckend oder unterhaltend. Was wäre hier meine Erwartungshaltung? So wie "Picknick mit Bären", oder "Ich bin dann mal weg" zum Beispiel.
Umfangreich ist das Buch nicht. Es ist schnell zu lesen.
Irritiert hat mich, dass auch Themen referiert wurden, die nichts mit der Reise zu tun haben, wie Flüchtlinge, Zuwanderer, Verschwörungstheoretiker.
Zum Schluss gibt es eine Übersicht über die Etappen mit Kilometerangabe und den besuchten Orten.
Dann finden wir noch die Packliste. Gewundert hat mich die Dunkle Schokolade. Mit Sonne wurde offenbar nicht gerechnet oder die Tafel wurde bereits auf den ersten Kilometern verzehrt.
Als ich Faltkarten und Kartenleselupe sah, habe ich geschmunzelt, dass es so etwas heute noch im Einsatz gibt.
Das Literatur-Verzeichnis ist sehr dünn. Dennoch enthält es einen Link zur offiziellen Seite des Kocher-Jagst-Trails, der für mich die Information zusammenstellt, die ich im Buch vermisse.
Ich finde schön, wenn der Autor seine Umgebung wahrnimmt, wertschätzt, in der Natur wandert, öffentlich schreibt, was er dabei denkt. So bin ich auch, ich schreibe hier was mir gefällt und was nicht. Es ist sicherlich eine tolle Strecke, doch trotz Bebilderung und Beschreibung, wirkt das Buch wie ein Sammelsurium von niedergeschriebenen Gedanken. Ungefiltert, unbearbeitet, unsortiert - live! Die Leistung mehrere Tage hintereinander eine beachtliche Strecke zu wandern, ist bemerkenswert. Hierzu meinen Applaus.
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