Sonntag, 29. September 2024

Die Vernehmung von Roland Hebesberger

Hellsehen ist kein Verbrechen

Ein Highlight vom Buch ist das Gespräch, wo alle die möglichen Szenarien durchgehen. Motive, Mittäter, Abläufe, Alibis.

Die Details dürfen aber auf keinen Fall an die Presse, hört ihr? Darum verrate ich auch nichts. Doch wer sich gehen will, liest nicht weiter, ansonsten ist die mögliche Karriere bei der Polizei vorbei, noch bevor sie überhaupt angefangen hat.

Jeder Ermittler und Leser tappt anfangs im Dunkeln, aber zum Glück gibt es Visionen. Das bringt esoterisch anmutende Züge in den Fall. Für den einen sind es ein paar Opfer, für den anderen doppelt soviel. Gibt es eine Verbindung, wenn ja wie viele, und wohin? Der Autor gibt einige Rätsel auf. Die Zeit drängt.

Ich habe schon einige Krimis gelesen, und ich fühle mich schnell gelangweilt, weil die Geschichte so nach Rezeptbuch für angehende Krimiautoren zusammengestellt wird. Diese Geschichte ist jedoch etwas ungewöhnlich. Sie spielt in guten alten Zeiten, wo die D-Mark nicht nur den Wert hatte, der aufgedruckt war. In den goldenen Zeiten, gab es wie heuer, welche, die an den Untergang glaubten. Ja, mit dem genauen Datum tun sich alle Propheten schwer. Aber die Hauptsache ist, man hat eine Meinung, dass alles ganz übel ausgeht. Alle Protagonisten, Täter und Opfer in dem Buch haben eine Meinung, was ich ungewöhnlich finde, denn im normalen Leben, gibt es mindestens die Hälfte, die nach dem Motto: Mir doch egal lebt. Die kommen im Buch nicht vor. Dadurch büßt das Buch etwas in der Kategorie "Authentizität" ein. 

Ein weiterer Punkt, der mir auffiel, aber mir egal ist, dass zum Schluss das Körpergift Alkohol so hervorgehoben wird, als ein "Muss" für eine ordentliche Feier. Man muss schon schwanger sein, um in den Augen der Süchtigen entschuldigt zu sein, wenn man ein ungefährliches Getränk zu sich nimmt. 

Wir erleben in dem Buch, tüchtige Vorgesetzte, die eine steile Karriere bei der Polizei hinlegen und frühzeitig ihre Nachfolge regeln, wir beobachten, dass in einer Männergesellschaft, ehrgeizige Frauen durchaus den ein oder anderen gezielten Schuss platzieren können und sowie positiv, als auch negativ auffallen. Feinde kann man sich schneller machen als die Polizei erlaubt, und ohne, dass man es selbst mitbekommt. Und dann haben wir noch Lesben und körperlich Eingeschränkte, um die Diversität und Inklusion als etwas völlig Normales und Allgegenwärtiges darzustellen. Das ist supermodern heutzutage auf wenigen Seiten möglichst alles reinzupacken was in der Realität eines begrenzten Umfelds so selten alles zusammen vorkommt.

Der Roman wirkt damit etwas überladen, will allen Ansprüchen und umgeschriebenen Gesetzen gerecht werden, niemanden auf die Füße zu treten, und schon gar nicht jemanden retten. Wer weiß, wer sich durch die Buchzeilen sonst angegriffen oder nicht gewürdigt sieht.

Ich mag Krimis mit mehr gesellschaftlichen Biss. Der Plot ist spitze, doch trägt die Auswahl der Charaktere nicht zur Authentizität bei und sie wirken auf mich gekünstelt. Wem jedoch alles egal ist und gedanklich mit dem Strom, wo alle Unterschiede gleich sind, schwimmt, findet in dem Buch pure Unterhaltung und kribbelnde Spannung, sowie zum Schluss "Action".

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