Freitag, 7. Mai 2021

Raumportal: Gefangen in den Tiefen das Alls von Erik Gentzsch

In meinen Händen halte ich gewaltiges Buch, was einige Stunden Lesevergnügen bereit hält. Es heißt "Raumportal: Gefangen in den Tiefen das Alls".

Das Besondere des ersten Kapitels ist, dass hier die Hauptfiguren außerirdische Kreaturen sind, also keine Menschen wohlgemerkt. Die Namen klingen etwas ungewöhnlich. Trotz Glossar weiß ich nicht, wie man sie korrekt ausspricht. Aber ich muss ja auch nur lesen und nicht vorlesen. Eine zentrale Figur ist Kchrak. Danke, aber das war kein Nießer von mir, sondern so heißt er und andere Namen sind noch viel unaussprechlicher. Nun, es sind halt Außerirdische. Nach dem Studium des Buches werden diese immer vertrauter und ich bin überrascht wie viele Namen ich mir merken kann. Wobei manche Namen auch nur für Kurzzeitgedächtnis taugen, weil sie doch arg früh das Zeitliche gesegnete haben. Kchrak hat gleich zu Beginn jede Menge zu tun. Es verschaffen sich Gegenspieler Zugriff bei einer Versammlung. Er ist für die Sicherheit der Clanoberhäupte verantwortlich. Sie flüchten mit einem Teil des Clans und werden immer wieder von Angreifen überfallen.

Weiter geht mit Markus, der Techniker ist und in einer ganz anderen Welt lebt, nämlich bei uns auf Erde. Dort geht er seinen Erfindungen nach, wie zum Beispiel der Raumenergiegenerator, der sich prächtig verkaufen lässt. Er ist Teil einer Erfindertruppe. Manni stellt den anderen ein kleines Raumportal vor, welches Nik und er durch Verschränkung von elementaren Teilchen quasi mit ein paar Klicks auf dem Smartphone erschaffen kann. Die anderen sind verblüfft und ich auch.

Vor 15 Jahren war die Erfindung bereits getestet und abgeschlossen. Dann hatten sie ein neues Projekt, ein Raumschiff zu bauen. Was nützt nämlich ein Raumportal, was sich eignet zu fernen Orten zu gelangen, wenn man kein Raumschiff als schützende Hülle vor kosmischer Strahlung hat. Das Raumschiff haben sie hinterm Mond versteckt, damit Astronomen es nicht entdecken. Das ist zum Glück die einzige unglaubwürdige Stelle im Buch.

Eine erste Expedition durchs All zu den bekannten Planeten wird geplant und anschließend ausgeführt. Man muss kein Hellseher sei, um zu erahnen, dass dabei etwas schief geht. Ich erinnere an den Untertitel "Gefangen in den Tiefen des Alls".

Aber es kommt überraschenderweise anders. Die Mission verläuft überwiegend gut. Sogar Kaffee gibt es an Bord. Der Erfolg wird von Medienvertretern allerdings nicht wirklich gesehen. Sie ermitteln, wo das Geld für solch eine Unternehmung herkam und zogen ihre Schlüsse. Waren die Raumfahrer über Leichen gegangen, um an ihr Geld zu kommen?

Sie gehen ein zweites Mal in den Weltraum, diesmal auf die Suche nach intelligentem Leben. Wir wissen ja schon vom ersten Kapitel, dass es zwei Spezies gibt und es kommt, wie es kommen muss, sie treffen aufeinander. Jeder gegen jeden, einer gegen alle, alle miteinander, das ist die Frage. Rein von Neugier getrieben stolpert unser Team mit Hightech hinaus in die großen Weiten, wo nie zuvor ein Mensch gewesen ist. Naiv, aber trotzdem aus Fehlschlägen lernend, scheuen sie nicht die Gefahr.

Ich fand die Reise unglaublich aufregend. Es passiert eigentlich nichts Unrealistisches oder Unvorstellbares, wie es in anderen Science Fiction Romanen oft der Fall ist. Die Geschichte wirkt auf eigentümliche Weise authentisch. Selbst die Technik steht nicht so sehr im Vordergrund. Sie ist Mittel zum Zweck.

Dafür werden die Charaktere liebevoll beschrieben, Riten, Gebräuche, Geschichte, Äußeres, Verhalten, ... ja es sterben auch einige, aber vielleicht wären es noch mehr, wenn die Erfindertruppe nicht aktiv zur Stelle wäre.

Was ich herausheben möchte, sind die kulinarischen Speisen. Bei anderen Science Fiction Romanen habe ich oft den Eindruck, hier wird gar nichts gegessen oder allenfalls Pillen oder eine Maschine, die auf Knopfdruck Essen bereitgestellt. Hier im Buch werden komische Pflanzen und Zappel-Alientiere notgedrungen geschlachtet und zubereitet. Ungewissheit besteht, ob man die Nahrung verträgt, aber der Hunger treibt es rein. Oft ist das Geschmackserlebnis überraschend positiv.

Es sind diese vielen Details, die zwar für die Handlung nicht notwendig sind, aber alles lebendiger erscheinen lässt. Das Buch ist sehr seitenstark, stellenweise gibt es kaum Absätze. Kleine Schrift und Zeilenabstand sorgen dafür dass es noch gerade so im praktischen Format als Hitchhikers-Handbuch für die Milchstraße durchgeht.

Das Schöne an dem Buch ist, dass die Menschen beinahe ganz ohne Waffen auskommen. Mit dem mobilen Portal ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, sich Zutritt zu verschaffen und auch wieder zu verdünnisieren, wenn oder bevor es brenzlig wird. Es geht nicht immer pazifistisch zu, meistens entstehen irgendwelche Nahkämpfe. Der Autor Erik Gentzsch (der Name mutet auch etwas außerirdisch an...) scheint irgendwie ein Faible für Stabhandwaffen zu besitzen, die auffällig häufig zum Einsatz kommen.

Dadurch, dass das Erfinderteam getrennt wurde, ergeben sich völlig entkoppelte Handlungsstränge, die damit noch mehr Bewegungen mit Außerirdischen ermöglichen. Ob das gut ist? Auf der Milchstraße ist richtig was los. Der interstellare Raum ist voll von Außerirdischen. Aber irgendwie sind die auch nicht weiser und intelligenter als die Menschheit. So gesehen ist die Suche nach intelligentem Leben erfolglos, aber die Zielsetzung ändert sich auch. Es bahnen sich mehr und weniger tiefgehende Freundschaften zwischen den Rassen an und mitunter auch ganz offensichtliche Feindschaften, für die es gar keinen erkennbaren Grund gibt. Aber egal wie es ausgeht, auf der Erde würden die Erlebnisse mit Sicherheit nicht abgekauft oder zu ihren Nachteil ausgelegt: Anzeige wegen interstellare Ruhestörung oder so. Den Juristen fällt schon was ein.

Also, wenn ihr Lust auf so einen dicken Schmöker habt und nicht mit verschränkten Armen dasitzt und über beschränkte Vorstellungskraft verfügt, dann könnt ihr dank der verschränkten Teilchen alle Schranken überwinden. Viel Spaß!

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