Donnerstag, 1. April 2021

Phasenland von Yves Gorat Stommel

Eine philosophische und mystische Reise in Ungewisse

Zu Beginn der Werks "Phasenland" von Yves Gorat Stommel ist eine Karte zum Freizeitpark "Phasenland", unserem Hauptspielort abgebildet.

Die Geschichte beginnt mit einer personalisierten Zeitungsanzeige, die für Jean B. Sourire wie die Faust aufs Auge passt. Er bewirbt sich bei Firma Amusement, Experiences & Co. Er ahnt nicht wie folgenreich dieser Schritt für sein restliches Leben sein wird. Der Arbeitsvertrag ist quasi eine Pille zu schlucken als Vertrauensbeweis gegenüber der Firma.

Jean befindet sich im Phasenland. Der Freizeitpark wirkt heruntergekommen. Seine Aufgabe ist es, die Länder bzw. Phasen erfolgreich zu durchlaufen. Es scheint fast so, als wäre Phasenland nur für ihn in Betrieb.

Für uns Leser ist es auf philosophische Weise spannend, das Phasenland zu entdecken. Viele Ereignisse und Dialoge regen zum Nachdenken an. Es gibt lebensberatende Erkenntnisse wie:

Ein gesunder Geist wohnt in einem gesundem Körper und die kognitive Einsatzbereitschaft am körperlichen Wohlbefinden hängt. Leistung führt zu Chancen. Ausreichend ist nicht genug. Wir konzentrieren uns einen Tag möglichst zu füllen, achten jedoch nicht zwingend darauf, was dazu beiträgt, das Leben zu verlängern. In dem Buch bzw. beim Durchwandern des Freizeitparks frage ich mich, was spielt eine Rolle und was nicht? Jean erhält auf seine sich aufdrängenden wichtigen Fragen keine Antworten. Das wäre für den Gegenüber auch nicht erlaubt, denn sie würden je nach Individuum unterschiedlich ausfallen.

Ich habe gerade gelernt, wenn ich mir Gedanken über meine Existenz machen kann, dann existiere ich. Also ist "sein oder nicht sein" keine Frage, sondern eine Antwort. Wir müssen selbst erkennen und quasi mit Sean die Phasen erkunden. Ist alles inszeniert in dieser künstlichen Welt obwohl wir offenbar existieren und alles bewusst wahrnehmen?

Im Park passiert zunächst eigentlich nichts Aufregendes, dennoch gibt es versteckte Gadgets zu entdecken. Manchmal ist eine Gegenfrage eine bereichernde Antwort. Für mich ist das Lesen, wie eine Ostereisuche. Womöglich auch so eine Prägung aus Kindheitstagen. Das Buch konfrontiert uns mit ernüchternden Thesen. Es kommt gar nicht auf Rationalität, Vergangenheit und Zukunft an, sondern auf das hier und jetzt.

Sean hat Begleiter und Kameras, die auf ihn aufpassen. Sie dienen zu seinem Schutz oder zur Kontrolle seiner Aufgabenerledigung. Nach Dienstschluss gibt es Zeit für eigene Erkundungen. Da entdeckt er eine Falle, von der tödliche Gefahr ausgeht. Es soll hier doch sicher sein, denkt er sich. Er stellt eigene Nachforschungen an. Es muss ein Kontrollzentrum geben. In seinem Hotel ist die Etage 4 nicht erreichbar. Warum? Was hat es mit den Pillen auf sich, die ihm verabreicht werden?

Der Besuch der ersten Phasen verläuft nach Drehbuch und es verstärkt sich die Idee mit den Regeln zu brechen und unberechenbar zu sein.

Es geht nicht nur Sean, sondern auch um unser Miteinander auf Erden. Der Autor bringt es auf dem Punkt. Die Menschen nehmen mehr als die brauchen oder gut tut, weil sie den Vorwand gebrauchen, sie wüsten ja nicht wieviel sie bräuchten.

"So ist das Leben", heißen die Kapitelüberschriften. Mit der Geschichte wird ebenfalls unser soziales Verhalten erklärt, persönliche Auseinandersetzung mit dem Tod, Ungewissheit, Gefahren, Überraschungen, Sinnhaftigkeit.

Starker Schwerpunkt des Buches ist Veränderung, Tod und Vergänglichkeit. Dies ist unterschwellig stets Hintergrund des Buches, aber so verpackt und dosiert, dass es nicht meine Stimmung trübt. Ab und zu findet Sean eine Nachricht eines unbekannten Autors. Ich muss bei diesen depressiven Gedanken immer an Marvin denken.

Die Phasen im Phasenland gleichen Lebensphasen. Die Ernsthaftigkeit nimmt im Verlauf der Phasen zu, meine Erkenntnisse auch.

Rote Fäden im Leben sind keine Orte oder Erlebnisse. Es sind die Menschen, mit denen wir Zeit verbringen. Vermutlich würde das erklären, wenn man sich im Alter immer ähnlicher wird. Je länger man zusammen lebt und Zeit miteinander verbringt. Logisch, denn die Menschheit ist in Kooperation erfolgreicher als wenn sie sich bekämpft.

Der ganze Freizeitpark erscheint mir wie ein soziales Experiment. Jeder ist Versuchskaninchen hier und eigentlich auch im richtigen Leben. Ja, das ist notwendig zur Evolution des Menschen. Wir lernen lebenslang und verbessern uns. Doch nichts ist von Bestand.

Der Roman ist ein Buch, was bei mir auf das 6 Sterne Regal kommt. Aufgrund der vielen "unwichtigen" Ablenkungen im Buch ist es schwer, das Wesentliche zu erkennen. So ist das Leben. Für alle, die glauben etwas nicht verstanden oder verpasst zu haben, gibt es im Epilog noch einmal eine Zusammenfassung und eine Aufklärung der Hintergründe und Motive.

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