Donnerstag, 27. Juni 2024

Benoyu und der Wind von Bodo Staudacher

Blasebalg auf einer Insel mit Bergen

Man sagt ein kleiner Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Orkan auslösen. Kann ein merkwürdiger Junge das auch?

"Benoyu und der Wind" ist ein ungewöhnliches Buch, das die Geschichte von Benoyu erzählt, der die Geheimnisse des Windes nutzt. Die Erzählung ist reich an bildhaften Beschreibungen von Orten und Charakterentwicklungen, die den Leser in eine Welt entführen, die schön sein könnte, aber durch einzelne Individuen nicht. Sie nutzen ihren Einfluss, so dass sie andere in Gefahr bringen, während die Auslöser für Konflikte sich sicher im Hintergrund halten. Obwohl die Welt fiktiv ist, ist sie mir sehr vertraut. 

Ein zentrales Thema des Buches ist die Verbindung zwischen einem Mensch mit der Natur, Gewalt und Gegengewalt. Benoyu lernt, die Kräfte des Windes zu verstehen und zu nutzen, was ihn auf eine Reise der Selbstentdeckung führt. Der Autor schafft es, die Schönheit und die Macht der Natur eindrucksvoll, aber auch sehr länglich darzustellen. Die Gesamtstory ist wenig ergiebig und ließe sich straffen.

Die Charaktere sind umfangreich ausgearbeitet. Benoyu selbst ist ein sympathischer Protagonist mit zwei Gesichtern, dessen Mut und Entschlossenheit unglaublich erscheint. Die Nebenfiguren tragen ebenfalls zur Geschichte bei, wobei ich mich häufig frage, muss ich das wissen, muss ich mir das merken? Was sehr ermüdend ist, dass der Autor weitgehend auf Dialoge verzichtet, sondern mit einem Anteil von 95% Erzählungs- und Beschreibungstext verwendet.

Die vielen nebensächlichen Details, wie Namen und Orte, Beziehungen, Zusammenhänge überfordern mich manchmal und verwässern den Haupterzählstrang. 

Das Buch ist in drei Teile strukturiert. Einen Grund habe ich nicht erschließen können.

Insgesamt ist "Benoyu und der Wind" ein Buch für alle, die Mystik, vom Menschen beherrschte Natur und eine emotional bewegende Geschichte lieben. 

Sonntag, 23. Juni 2024

"Secrets in the Deep" von Celeste Ealain

Cleaner, Putzfische und Meerjungmann-Potenz

"Secrets in the Deep" von Celeste Ealain entführt Leserinnen und Leser in die Tiefen des Südpazifiks, wo sie eine faszinierende Unterwasserwelt voller Geheimnisse und Gefahren erwartet. Die Protagonistin, die junge Journalistin Linnéa, gerät bei Recherchen für einen Artikel angelschnurstracks in die Fänge eines unbekannten Volkes. Nein, es ist nicht ein kleines gallisches Dorf.

Die Autorin eröffnet uns Einblicke in eine besondere Unterwasserwelt und lässt die Leserinnen und Leser in die Gedanken und Gefühle von Linnéa eintauchen. Was wäre, wenn wir unter Wasser ohne Hilfsgerät atmen könnten? 

Im Buch wird besonders die Beziehung zwischen Linnéa und ihrem nah am Wasser gebauten Entführer entwickelt. Es erinnert mich zunächt an das Stockholm-Syndrom, wo das Opfer in der Gefangenschaft positive Gefühle zu ihrem Entführer entwickeln. Die Opfer sind von den Entführern abhängig, zum Beispiel weil sie Informationen besitzen, die sie brauchen. Der Roman will aber eher auf das Stockfisch-Syndrom heraus und versucht eine Mischung aus Fantasy und Romantik herzustellen. So richtig warm ums Herz wurde mir dabei nicht, obwohl sehr viel Wärme ausgetauscht wurde. Die Liebesgeschichte entwickelt sich etwas schnell. Liebe auf den ersten Trick.

Mehr gefallen haben mir hingegen die Ausführungen der Unterwasserwelt.

Die aufgebaute Geschichte war auch gewürzt mit Geheimnissen und Gefahren, wo ich an einigen Stellen Fragezeichen auf der Stirn hatte und einfach weiter lesen wollte. Sobald ich dachte, so schwimmt der Seehase, kam es zu überraschenden Kurswendungen und neuen Erkenntnissen. Interessant fand ich, dass es mehrere Charaktere gab, die alle auf ihre Weise den Verlauf der Geschichte beeinflussen und zu steuern versuchen. Ein richtiger Seemannsknoten hat sich da entwickelt als am Ende alle Fäden zusammen waren. Wobei die Männer mir etwas dümmlich vokamen, so wie der ins Deutsche übertragene Titel "Geheimnisse in den Deppen" andeutet. Doch ein wenig Übertreibung sind wir bei Seemannsgarn gewohnt.

Gefallen hat mir die Neugier, und die Bereitschaft von Linnéa ihr altes geradliniges Leben an den Mantastachel zu hängen, und gegen ein Brokkoli-Bett zu tauschen. Ja, die noch sehr unerforschte und unüberwachte Unterwasserwelt, wer weiß, was da so im Verborgenen lebt, oder durch äußere Einwirkung mutiert. Die Autorin ist leidenschaftliche Schnorchlerin und Taucherin, vielleicht hat das ein oder andere erspähte putzige Tierchen, hier seinen Platz gefunden. 

Ob es allerdings der Erde gut tun würde, wenn sich auch noch unter Wasser Milliarden von Menschen entwickeln, mag sich jeder selbst überlegen. Meine Begeisterung für das Unterwasservolk hielt sich in Grenzen. Aber die Romantiker unter uns mögen die Sache durch das bunte Mikroplastik im Meer und die schummrigen Lichtverhältnissen verzückt radioaktiv verstrahlt sehen. 

Positiv anzumerken ist die Vielseitigkeit der Autorin, die mit ihren bisherigen Büchern immer wieder neue Kulissen bietet und in diesem Werk hier Lust auf Meer macht.

Montag, 17. Juni 2024

Plintslicho

Ein Nützling im Garten, der 40 Jahre alt werden kann und nicht blind, sondern blendend aussieht. 

"Divinus: Der Pontem-Code" von Roland Hebesberger

Auf ins Chaos und Verderben! - Ihre Route wird berechnet...

Roland Hebesberger entführt wieder seine Leser in "Divinus: Der Pontem-Code" in eine Welt voller Geheimorganisationen, ahnungslosen Bürgern, Außerirdische, und die, die nur einmal kurz die Welt retten.

In dieser Konstellation mit gleich mehreren konkurrierenden außerirdischen Rassen – die Patriamer, die Insurgents und die Abbas –, die zusammen, gegen oder beides zusammen und gegen die Geheimorganisationen arbeiten, kann einem Verschwörungstheorethiker schon in den Sinn kommen: Ich hab's ja geahnt, aber das Ausmaß ist ja noch viel größer als angenommen. 

Doch auf welche Seite gilt es sich zu schlagen? Da ist guter Rat der Acht teuer. Die schlechte Nachricht der Acht ist, dass das Kind bereits im Vorband in den Brunnen gefallen war.

Alle Charaktere sollten den Lesern bereits bekannt sein, da der Autor wie bei einem Musikstück jede seiner Figuren auch ein Solo in einem eigenen Band der Reihe spielen lässt. Das erinnert mich ein wenig ein Star Wars, wo alle Triologen, und Staffeln, Han Solo, Ashoka, etc. zeitlich vor und zurück springen, um alle Puzzlestücke und Hintergründe in ein stimmiges Gesamtbild vom Universum zu fügen. Dummerweise hat das Universum keine Grenzen, sodass noch weitere Buchbände angekündigt sind. Dieser Band hier ist als weiterer Übergangsroman konzipiert, und hat mir kaum neue Erkenntnisse gebracht, noch habe ich Ungewöhnliches gefunden, was dieses Werk von den anderen dieser Reihe abhebt. Es möchte lediglich unterhalten und überleiten. Roland Hebesbergers versteht es, die Handlung schnell fortzusetzen, die Leser aus ihrer Gegenwart in die Erzählstränge behutsam einzuführen, sodass diese sich nach einer Pause schnell wieder zurechtfinden ohne Seth's Stab benutzen zu müssen. Actionszenen sind zwar häufig, aber nicht überladen. Dem Autor scheint die Munition nie auszugehen. 

Dieses Buch ist perfekt für Leser, die die endlose Buchreihe mit den gut entwickelten Charakteren bereits kennen und gerne von einem neuen gut konstruierten Band gefesselt und hoffentlich wieder in Zukunft befreit zu werden.